Willkommen im Schützengraben des großen Kulturkampfes! Haben Sie sich jüngst über eine antisemitische Greta Thunberg geärgert, die die “Krake des Weltfinanzjudentums” und Ihre fossilen Ungerechtigkeiten aus Palästina jagen will? Jugendliche Dummheit? Vielleicht. Oder einen Hubert Aiwanger, der mit seinem direkten Sprachgebrauch Menschen angeblich verletzt? Ist er also ein verdeckter Rechtsradikaler, der enttarnt und gecancelt werden muß? Es geht um Opfer, um Sprachgebrauch und um Gerechtigkeit. Irgendwas läuft schief im Staate Dänemark. Und trotz der Überschrift des Artikels geht es nicht nur um Frauen.
Müssen wir uns in Anbetracht der Fehler einem #Aiwanger oder auch einer Greta #Thunberg als kritische Erwachsene nicht unbedingt entgegen stellen? In welcher Form sollten wir das tun? Müssen wir da aktiv sein? Alleine schon, weil man es als Demokrat nicht hinnehmen kann, wenn Minderheitenrechte wie die der Juden oder der Migranten mit Füßen getreten werden? Minderheitenrechte sind eine direkte Erinnerung daran, dass Minderheiten und andere Gruppen im öffentlichen Diskurs der Mehrheit marginalisiert werden können. Das darf in einer Demokratie nicht passieren, Minderheiten müssen vor einer enthemmten Mehrheit natürlich geschützt werden. Heute geht es jedoch einen Schritt weiter: Es geht darum, dass ein Diskursraum entstehen muss, indem niemand verletzt wird. Maßgeblich ist, wie der- oder diejenige sich dabei fühlt. Diese Rücksicht führt dann dazu, dass wir bei der Sprache anfangen sollen. Hier finden “Mikro-Agressionen” angeblich statt, die Minderheiten verletzen. Und um das zu verhindern, ist für den Teilnehmer schweigen eine rationale Position. Nicht aber für die Demokratie, die von der aktiven Partizipation aller Demokraten lebt.
Vermeidung eines Missverständnisses: Das ist keine Wokeness
Viele woke Menschen sind nicht woke. Wer sie angreift, wird Ihre wüste Entrüstung ernten. Das sollte man vermeiden. Man muß sofort ein großes Missverständnis veremiden, was Wokeness nicht ist: Wenn Sie sich ernsthaft für die Rechte von Minderheiten einsetzen, für die Gleichberechtigung von Frauen oder für den Klimaschutz, dann ist das mehr als Ihr gutes Recht. Das ist auch nicht woke. Wenn Sie vermeiden wollen, Menschen zu verletzten oder zu diskriminieren, dann ist das per se doch eine wünschenswerte Sache für eine Gesellschaft, die Minderheiten schützt und versucht, sowas wie Gerechtigkeit zu praktizieren. Auch das ist nicht Wokeness. Wokeness beginnt nicht dort, dass ist mehr oder weniger alles der Raum der Mehrheit in westlichen modernen Demokratien. Nein, Wokeness beginnt erst danach. Wokeness ist das, was danach folgt. Deswegen auch dieser Text.
Wenn Sie es mit wirklich woken Menschen zu tun haben, dann enden die Vorwürfe nicht damit, dass man Sie ermahnt, die richtigen Worte zu gebrauchen. Wer unbedacht und ohne Bewußstein falsche Worte benutzt, der soll nicht einfach nur Schweigen. Es geht dann soweit, dass Sie selbst aus der Diskussion gecancelt werden müssen. So kann es Ihnen bspw. als Mann passieren, dass Ihre ihnen angeborene toxische Männlichkeit Schuld trägt an einer latenten, Ihnen nicht bewußten Form des Machtmissbrauchs. Das klingt etwas crazy, denn wie können Sie den unbewußt jemanden verletzten, aber das ist den woken Anhängern trotzdem todernst. Das Bewußtsein für Ihre Aggression muss Ihnen erst antrainiert werden – man muß sie erwecken (wake up!). Erst wenn Sie selbst in Schulungen über Ihre toxische Männlichkeit unterrichtet wurden, erkennen Sie ihre unbewußte Schuld. Nur durch derartige Unterrichtungen können Sie woke werden (sprich “erwachen”) und sich Ihrer Schuld bewußt sein. Überhaupt dürfte Ihnen in der Wokeness-Lehre in Reinkultur schnell auffallen, dass sie als weißer Mann immer eine enorme Schuldlast auf sich geladen haben, angeblich durch den Verlauf einer Geschichte, die bei den Wokisten immer einen Hauptschuldigen kennt: “Sie, den alten, weißen Mann”, der an so ziemlich allen Ungerechtigkeiten der Geschichte von Klimakatastrophe, Kolonialismus, Sklaverei und Kapitalismus die Hauptschuld trägt. Sind Sie als alter weißer Mann erstmal erfolgreich gecancelt, sei es auf der Arbeit, im Privaten oder Politischen, ist es für Sie aus. Sie finden nicht mehr statt und dass sollen sie auch, wenn überhaupt dann ein “entmanntes” Relikt, dass seine Schuld gesteht. In bestimmten Gesellschaftsräumen wie den Medien, den Universitäten (Geisteswissenschaften) oder der Kultur bedeutet Canceln aber sgoar Ihr berufliches Aus. Die Liste von Menschen, die in den letzten Jahren gecancelt wurden, wird immer länger. Es ist wirklich unlustig, aber wer sie dort auch anonym canceln will, ist überzeugt mit Ihrer persönlichen Vernichtung die Welt endlich gerechter gemacht zu haben.
Wenn in der politischen Landschaft, bspw. durch Teile der “Die Grünen” im Rahmen von “moralinsauren Vorträgen angegriffen wird, dann hat diese Art des Vortrages der anklagenden Kanzelpredigt, der Schuld und der Sühne, sehr viel mit dieser neuen Kultur zu tun. Sie haben sich schuldig gemacht und es gibt ein Opfer, so beginnt es eigentlich immer. Wer von diesen Anklägern überführt wird, der wird kurioserweise eigentlich nie juristisch angeklagt. Es ist erstaunlich, aber juristische Schuld spielt für Wokisten keine Rolle. Denn Wokisten haben lange erkannt, dass die moralische Schuld ein viel wirkungsvolleres Instrument ist. Wer moralisch schuldig gesprochen ist, bspw. weil er als ein Mann einen falschen Umgang mit Frauen pflegt, der sich aber keine Straftat hat zu Schulden kommen lassen, der wird trotzdem nie wieder eine weiße Weste haben. Moralische Schuld ist nicht mehr zu tilgen, die Cancel-Anweisung gilt immer. Nicht ohne Grund erinnert dies an Hexenprozesse: “Egal ob die Frau nun schwimmt oder nicht, sie ist auf jeden Fall eine Hexe!” Spätestens jetzt ist eigentlich klar, warum die Wokisten keine x-beliebige Bewegung sind. Sie sind wirklich eine Gefahr – für einige Menschen, aber auch für die liberale Demokratie, denn wo man aus Sorge nicht mehr alles sagen zu dürfen lieber schweigt, ist die Demokratie in Gefahr.
Gedankenspiele: Stellen Sie sich gegen etwas, vor dem Sie Angst haben?
Vielleicht haben Sie ein Gedankenspiel wie dieses auch schon einmal durchgespielt:
“Was, wenn ich Hitler in seinem Aufstieg hätte verhindern können?”
Diese unglaubliche Dimension des Terrors und der Schuld über diese Ungerechtigkeit der NS-Diktatur wäre uns so vermutlich erspart geblieben. Millionen von Opfern hätte man vor Ihrem Tod verschonen können. Die Frage, die sich dann stellt, lautet:
“Aber wie kann ich zu Lebzeiten, bspw. 1928, auch sicher sein, dass dieser Mensch Hitler, der vor mir steht, Millionen Menschen ermorden wird?”
Und daraus abgeleitet:
“Woran würde ich einen neuen Hitler denn heute SICHER erkennen?”
Für Demokraten, die wir sind, ist die Frage immer zu beantworten. Nämlich damit, wer die Demokratie bzw. die liberale Demokratie bedroht: Sind dass die Rechtsextremisten aus Thüringen? Sind es die Dschihadisten aus Essen? Ist es die Antifa aus Leipzig? Vielleicht taugen Sie alle dazu, radikale Gruppen sind immer Feinde der Demokratie. Ich bin aber überzeugt, dass man wirklich alle Bewegungen dahingehend untersuchen muss, welchen Schaden Sie für die Demokratie anrichten. Und das Problem mit dem Wokismus ist, dass er nicht vom radikalen Rand herkommt, sondern im Gewand der Mehrheitsgesellschaft. Wenn Sie auf Parteitagen Forderungen nach Einführung einer Kriegswirtschaft britischen Vorbildes hören, wenn “für den Klimaschutz jedes Mittel recht ist”, wenn einige den Diskurs abschaffen wollen und nur “Follow the Science” rufen, obwohl die Wissenschaft niemals nur eine Stimme hat, dann denke ich, sollten wir auch die Bewegungen unter die Lupe nehmen, die “das Gute wollen”.Dann wird erklärlich, warum von der beherrschenden Theorie in den Geisteswissenschaftern, der “Critical Social Justice Theory” (CSJ) rein von der Quantität Ihrer Anhängerschaft viel größere Gefahr für die Demokratie ausgeht als von kleinen Randgruppen. CSJ ist nämlich nur ein anderes Wort für das, was wir landläufig “Wokeness” nennen und Wokeness ist heute wirklich überall. Gerade in Medien, Kultur und Universitäten, wo die Geisteswissenschaften den Ton angeben, ist die Wokeness die beherrschende Theorie unserer Zeit.
Denn, soviel der Vorabanklage, selbst wenn Sie bspw. eine Greta im Grunde als ein harmloses junges Mädchen oder junge Frau empfinden, die Wokeness ist es nicht. Wokeness ist der Grund, warum junge Menschen für blutrünstige Hamas-Terroristen mit getöteten israelischen Babies im Arm applaudieren und sie dann perverser Weise auch noch als Freiheitskämpfer feiern. Wokeness ist der Grund, warum eine kleine Gruppe die Mehrheit der Gesellschaft dazu zwingt, von einem liberalen Diskurs Abstand zu nehmen und Ihre Ideen zu übernehmen. Weil sie den Diskurs sehr effektiv zerstört, der eine Demokratie am Leben hält.
Was dieser Text über Wokeness beschreiben will
Dieser Text liefert eine Antwort über das, was sich hinter der “Critical Social Injustice Theory” verbirgt, kurz “Wokeness. Neben der philosophisch-akademischen Untersuchung ist Wokeness ein riesiges Sammelbecken geworden. Obwohl die philosophie Theorie relativ schlang und simplifizierend wirkt, ist Wokeness wohl deswegen so effektiv, weil sie soviele Bewegungen unter ein Dach versammelt hat. Ein Sammelbecken für Bewegungen unserer Zeit und Altbekanntes wie den Sozialismus. Klimaschützer, Genderbeauftrage, feministische Frauenrechtler oder Sozialisten, sie alle finden in der Wokeness eine gemeinsame Bewegung für Ihre Anliegen. Dabei liegt dem ein Trugschluss vor, nämlich dass alle darin ein Dach finden: Die Mehrheitsgesellschaft ist es explizit nicht, es ist in gewisser Weise eine Diktatur von Bewegungen, die meint die Gesellschaft nicht zu bestimmen, aber genau dass mittlerweile erreicht.
Wokismus ist wie der Faschismus eine Gefahr für die liberale Demokratie. Wokeness ist nicht liberal, lässt keine Debatten für alle zu: Wokeness ist totalitär in Ihrem Kern, setzt komplett auf den Etatismus und staatliche Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele und cancelt ganz bewußt Menschen aus dem Diskurs, um ihn dahin zu bekommen, wo er hin soll: In ihre Richtung gegen die der Mehrheitsgesellschaft. Der Wokismus bereitet als Gedankengut ähnlich schnell aus wie vielleicht das völkisch-rassische Denken des 19. Jahrhunderts. In ein paar Jahren ist es, darüber bin ich besorgt, eventuell erkennbar als die Vorbereitung für den nächsten totalitären Staat vor, bspw. ein ökofaschistischer Sozialismus oder Nationalismus. Im Wokismus würde der braune Staat im Geist des Umweltschutzes und der Rechte von Minderheiten daherkommen – eine sehr effektive Tarnung, die ablenkt von seinem Wesen und seinen eigentlichen Forderungen.
A. Einladung in das Reich der Gutmenschen
Der Begriff des Gutmenschen ist schon oft verrissen worden, vor allem, weil Menschen eine gewisse Attitüde der Hilfe, der Empathie und der Großzügigkeit als Naivität verunglimpfen wollen. Eine zynische Beschreibung für naive Menschen, die an der Realität scheitern. In der Flüchtlingskrise 2015 wurde “Gutmensch” deswegen zum Unwort des Jahres gekürt. Harald Martenstein schrieb dazu:
“Gutmenschen bewachen die Grenzen des Meinungskorridors wie Linienrichter das Fußballfeld. Wer aus Ihrer eigenmächtig definierten Wohlfühlzone ausbricht, wird mit Diffamierung bestraft.”
Der Gutmensch ist aber auch das, was man die Eingangsvoraussetzung für den Wokismus nennen dürfte. Am Beginn stehen eigentlich Fragen der Mitmenschhlichkeit: “Verabscheuen Sie nicht auch Ungerechtigkeit? Und besonders schlimm sind doch die Ungerechtigkeiten, wo die betroffene Minderheit sich gar nicht wehren kann!” Dieser Appell an das Gerechtigkeitsempfinden ist universell menschlich. Empathie und Mitfühlen sind Menschen als soziale Wesen geradezu angeboren. Dagegen steht die Lehre eines kalten Egoismus (Ayn Rand), der den Selbstnutz maximieren will und darin die einzige Erfüllung sieht. In unserer Gesellschaft ist dieses Verhalten sozial disqualifizierend, das soziale Mitempfinden wird honoriert. Um welche Minderheit es dann geht, spielt keine Rolle, denn der nächste Schritt ist schon viel aussagekräftiger über die Konzeption der CSJ: “Sie wollen doch auch nicht, dass Menschen durch Ihre Sprache verletzt und diskriminiert werden?” Niemand will natürlich andere Menschen bewußt diskriminieren, der “Gutmensch” garantiert als Allerletztes. Sie werden dann vielleicht mehr dazu hören, dass sie im Sprachgebrauch besser “gendern sollten”, dass sie vielleicht mehr an Diversität, Inklusion oder Gleichheit denken müssen. Auch hier ist der normale Mensch noch vollkommen unbeleckt und geht mit, was sollte schlecht daran sein, anderen etwas Gutes zu wollen? Das Gefühl die Ungerechtigkeit zu beenden gilt als die edelste Eigenschaft sozialer Menschen – genau deswegen fühlen sich soviele Menschen davon angesprochen. Leider ist das eben nur die Einstiegstür, niemand könnte dem “Gutmensch” einen Vorwurf machen, wenn er bis hierhin mitgeht. Der Vorwurf entspinnt sich aus dem Konzept, dass darauf aufbaut und sich nicht so leicht dechiffrieren lässt. Dazu später mehr, gehen wir jetzt erstmal in die geschichtliche Dimension:
Es ist die Krux mit der Geschichte, dass sie unvorhersehbar bleibt. Und auch wenn manchmal Menschen feststellen, dass sich Dinge wiederholen, das tun sie nur scheinbar. Defakto wiederholen sich zwar gewisse Muster und Elemente in der Geschichte, aber sie kreuzen sich immer wieder zu etwas vorher Unbekannten. Wenn heute Menschen sagen, die Krise der liberalen Demokratie sei wie Weimar, dann geht dieser Vergleich falsch. Unser Staat und unsere Verfassung haben Lektionen aus Weimar gelernt, Ihre Feinde würden wohl kaum auf die Idee kommen, so vorzugehen wie die Schlägertrupps der SA in der Weimarer Republik. Der Faschismus der 1930er Jahre ist relativ sicher nicht derjenige, den wir heute noch fürchten müßten. Ein Björn Höcke mag gefährlich daher fabulieren im Stile eines Joseph Goebbels, aber er ist bereits als solcher markiert und somit nur halb so gefährlich. Wenn etwas Neues kommt, dann ist seine Gestalt nicht bekannt. Wohl aber kann sich jeder ausmalen, dass der Aufstieg des sogenannten Bösen nicht lange dauert. Der Aufstieg Hitlers und seiner Partei geschah geradezu in Lichtgeschwindigkeit, auch diese Bewegung wurde anfänglich nicht ernst genommen. Dies auch deswegen, weil dieser Faschismus sich schlecht fassen ließ. Er war keine Ideologie, er war auch kein bekanntes Herrschaftssystem. Was den Faschismus angetrieben hat in seiner Zeit, das war eine Art von kollektivem Gefühl. Das Gefühl der Vergeltung, dass es wieder Respekt und Größe für sich selbst und den Staat braucht, dass man wieder Teil einer siegreichen Bewegung sein will und über die Rache und Sieg endlich belohnt wird nach Jahren der Entbehrung. Auch heute gibt es eine Bewegung, die scheinbar ein Gefühl mobilisiert. Es ist eine vollkommen identische Gefühlswelt wie die des Faschismus, es geht um den Schmerz der Ungerechtigkeit, um Diskriminierung und Verlust von Respekt. Nur dass dieses Gefühl nicht von Männern getragen wird, sondern in erster Linie von jungen Frauen. Es ist ein Teil der Erklärung für ein Phänomen, dass Greta Thunberg und die Klimabewegung genauso kennt wie wuterfüllte Frauen an amerikanischen Colleges, die Ihren Hass auf Israel richten. Es ist die Wut, die Feministinnen und Post-Kolonialisten antreibt, die sich von “alten weißen Männern” bestraft fühlen. Was scheinbar wie eine Verirrung daher kommt, ist der aktuell größte Feind einer liberalen Demokratie, den wir in Politologie, Soziologie und Philosophie kennen. Doch gemach gemach, wir müssen das Phänomen Wokeness nach und nach aufdröseln, um es besser verstehen und einschätzen zu können.
B. Empfindung der Einschüchterung – wären Sie ein mutiger Gegner?
Gehen wir zurück zum Beispiel des Faschismus, den wir alle gut vor Augen gehabt hätten. Denken Sie an die organisierte Macht des Staates unter Hitler. Denken Sie an ordinierte SS und SS-Schergen in Ihren Uniformen. Hätten Sie wirklich den Mut gehabt, sich Hitler und seiner Bewegung entgegen zu stellen? Viele Maulhelden tun so, als wäre Ihr größtes Opfer ein Leichtes gewesen, nämlich das eigene Leben zu riskieren. Das ist leicht gesagt, denn wir wissen ja: Der Gegner ist besiegt und zwar durch Aliierte Truppen. Hitler umgab eine besonders großartig inszenierte Aura der Macht und der Angst. In einer Familie wäre er der perfekte Missbrauchstäter: Mal laut und boshaft flösste er allen Angst ein, dann wollte er eine abstrakte Form der Liebe zu allen bekunden. So mischte sich eine merkwürdige Form der Vergötterung mit der Angst vor Strafe. Würden Sie es tun, würden sie sich vor diese Bewegung stellen? Tut mir leid, dass ich Sie mit Fragen nerve. Aber diese Frage ist wirklich relevant, denn natürlich ist die Zivilisation nicht vor der nächsten Pest gefeit und eine Bewegung die Angst macht kommt wieder. Sie wird Angst genauso effektiv einsetzen, nur ganz anders. Sie wird Sie Ihnen als Hilfe verkaufen. Es ist eine Angst, sie vor dem Untergang zu warnen und schützen zu wollen. Dies aber nicht aus Nächstenliebe, sondern um eine autoritäre Politik durchzusetzen, die eine Begründung für Ungerechtigkeiten positiven formulieren kann. Sie werden “positiv diskriminiert” in dieser Bewegung. So oder so, dass wissen wir alle, müssen wir mit gefährlichen Bewegungen immer rechnen. Vielleicht nicht, weil man den 3. Weltkrieg verhindern will, sondern weil die Menschheit so das einzige retten kann, was sie vor dem Missbrauch von Diktatoren und Tyrannen schützt. Diese Bewegung attackiert genauso wie der Faschismus oder der Kommunismus die liberale Demokratie. Lassen Sie mich mit Andeutungen weiter verfahren und Sie erkennen sicher Elemente aus Ihrem Erleben wieder:
Demokratie bewahren: Hätten Sie sich vor Hitler gestellt und die Bewegung sabotiert?
Eine Bewegung, die die liberale Demokratie zerstören will, wird ganz instinktiv eine Begründung dafür liefern, dass Sie ein Recht hat, zu urteilen. Dieses Recht entwickelt sie aus der Ideologie des Opfers heraus. Es sind diejenigen, die bestimmen wollen, was gesagt werden darf, um andere zu schützen. Früher hieß es mal “Politically Correct”, heute ist das Urteil aber über das, was gesagt werden darf, viel härter als nur eine Kritik. Diese Bewegung bestimmt, ob Sie überhaupt “dazu gehören” oder ob sie aus ihrem beruflichen bis privaten Umfeld gecancelt werden müssen. Canceln bzw. “Cancel Culture” ist dabei nur eine Umschreibung für Vernichtung. Hier geht es nicht um Popstars oder öffentliche Figuren, die von einem Mob gecancelt werden. Jeder Mensch, besonders wenig privilegierte, können gecancelt werden (bspw. im Beruf, weil sie dort bspw. der Misogynie, des angeblichen Rassismus oder des Missbrauchs überführt werden). Entscheidend ist, dass Ihnen diese moralische Vorwurf ohne Beweise angelastet werden kann. Und da es ein Opfer gibt, werden Sie nie wieder Ihre Weste weiß waschen können. Der Tippgeber, der diese Tat Ihnen anlastet, kommt eventuell aus dem Verborgenen oder bleibt anonym, den Schaden allerdings tragen Sie selbst allein, selbst bei einer Falschanschuldigung. Defakto soll Ihre Person gesellschaftlich ausgelöscht werden, auch wenn sie leiblich am Leben bleiben dürfen – Wirkmächtigkeit haben Sie keine mehr. Sie werden sich danach wie ein Mobbing-Opfer fühlen, psychisch lädiert und kaputt. Es wird lange dauern, bis sie sich davon erholen. Manche schaffen es nie. Diese Bewegung kommt in der Gestalt des Guten daher. Sie möchte vor allem etwas für die Opfer tun. Sie möchte sich stellvertretend vor die angeblich sprachlosen Opfer stellen. Besonderes Pech, wenn Sie auch noch der Prototyp des Schuldigen sind: Der “alte weiße Mann”. Diese Theorie ist neudeutsch die der Wokeness oder der Wokismus.
C. Wokismus, ein anderes Wort für die “Critical Social Justice Theory”
Wokeness klingt nach Erweckung oder Erleuchtung. Alle anderen schlafen. Erweckung, das klingt vernünftig, fast kantisch. Was harmlos klingt, wird sich bald vor Ihren Augen als ein Bruder im Geiste des Faschismus entkleiden. Aber geben Sie uns dafür etwas Zeit, denn zu schnell tut man diese Vergleiche als zu plakativ oder übertrieben ab. Ja, der Wokismus ist nicht körperlich brutal, er tötet nicht Leben wie der Faschismus durch seine Führerfiguren. Dass liegt aber eher daran, dass die Protagonisten, oft junge Frauen, sich dazu unfähig fühlen. Töten erfolgt hier wenn dann dann durch staatliche Gewalt oder durch Männer im Auftrage dieser Bewegung. Letztlich ist Gewalt aber gar nicht nötig, denn besagtes Canceln ist wirkungsmächtiger. Vor allem geht damit eine moralische Verurteilung einher, die immer stärker ist als eine juristische Verurteilung: Wer einmal unter dem Verdacht steht, wird nie wieder mit weißer Weste in der Öffentlichkeit stehen.
Wokismus ist keine Theorie der Gewalt, die männlich daherkommt, nach außen auf Dritte wirkt und dort ursupatorisch Landgewinn sucht und (vor allem anderen) Vergeltung für frühere Verbitterung sucht. Wokeness will Vergeltung für die Interessen von Dritten, es ist eine Opferideologie mit einem Stellvertreter-Komplex. Und geht dann genauso brutal und vernichtend vor, wie es auch die Gedankenwelt des Faschismus ist. Es geht um das Gefühl, nicht um ein ideologisches Konzept.
C.1. Genese: Wokeness, Critical Race Theory und die Evolution der Political Correctness zur Cancel Culture
Anfang der 2000er konnte man in gesellschaftlichen Debatten immer öfter die Einwendung hören, etwas sei nicht PC. Abkürzung für Politically Incorrect. An der Genese des Begriffes kann man einiges über die Ontologie des Begriffes Wokeness erfahren. Historisch wurde Wokeness um 1938 erstmalig in den Südstaaten in einem Bluessong namens Scottsboro Boys verwendet. In dem Song wurden Farbige Amerikaner aus dem Norden bei einer Reise in den Süden fälschlich angeklagt wegen Vergewaltigung. Die Jury im Gericht waren jedoch alle weiß, sprich die Verurteilung war in dem Song gesichert. Der Songwriter wollte also sagen: “Hey, aufgewacht (woke up), hier werdet Ihr systematisch und bewußt ungerecht behandelt, es ist einfach Rassismus!” Nun, was ist daran schlecht? Natürlich gar nichts! Entscheidend ist, was aus dem Gefühl des Unrechtsbewusstseins wurde.
Der Widerstand gegen Rassismus wurde immer epxliziter: Malcom X
Aus dem Begriff der Wokeness transzendierte sein Gegenteil. Die Bürgerrechtsbewegungen schufen ein Bewußtsein für den immanenten Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft. Black Power, Malcom X und andere Vertreter traten nicht so versöhnlich auf wie Martin Luther King und wollten das Problem dingfest machen. Daraus entwickelte sich akademisch ab den 1970er Jahren die rechtswissenschaftliche CRT (Critical Race Theory). Die CRT als ein Kampfbegriff behauptet, dass Rassimus nicht nur ein individuelles Problem ist, sondern dass alle Machtstrukturen und Beziehungen in einer Gesellschaft durch diesen Rassismus geprägt werden. Rasse wird also sozial konstruiert und juristisch etabliert. Damit ist auch das Recht immanent rassistisch, da es in einer rassistischen Konstellation von rassistisch denkenden Menschen aufgesetzt wurde. Das Konzept ist höchst umstritten auch deswegen, weil es dazu neigt einen neuen Unrechtsstaat auf einem zu kritisierenden, bestehenden Unrecht aufsetzt. Alles was mit Ungerechtigkeit zusammenhängt, wurde aus seinem rassischen Kontext dann gelöst und gilt heute als relevant für das Opfer sein an sich. Unabhängig von seiner Kritik ist das Konzept eine Stütze für das, was dann zur Wokeness (Critical Social Justice Theory) wurde.
C.2 “Wokeness” philosophisch erklärt als “Critical Social Justice Theory”
Die Wokeness oder philosophisch die “The Critical Social Justice (CSJ) Bewegung” verlässt sich auf eine sehr spezifische Konzeption der Welt. Akademisch baut sie auf dem Poststrukturalismus auf. Der Poststrukturalismus will einen Zusammenhang von Realität zu Sprache herstellen, d.h. Sprache bildet nicht nur die Realität ab, sondern sie schafft auch soziale Bezüge, die sie konstruiert.
Diese Idee war in Deutschland, wo die kritische soziale Theorie von Adorno bis Habermas viel mehr Raum einnahm, nicht wirklich präsent oder sagen wir, sie hatte keine Chancen sich durchzusetzen. Darüber hinaus verunglimpfte Habermas die Poststrukturalisten wie Foucault oder Judith Butler in Gänze: Wenn man Ihre Texte den typischen Redewendungen der Bewegung entlege, sei das verbleibende “kompletter Unsinn, was nach Sokal die mangelhafte intellektuelle Redlichkeit der Bewegung belege.” Diese Kritik einer deutschen Geistesgröße hat die Postrukturalisten nicht dazu gebracht, aufzuhören, sie suchten sich nur andere Jünger. Wo Habermas im Land der Täter war, wollten die französischen Denken die Struktur der Machtsysteme analysieren, die missbraucht werden konnten. Sie importiert bzw. dockt dann an Ideen wie die Opferideologie der Critical Race Theory (CRT, hier sind Farbige Opfer von immanentem Rassismus in der Gesellschaft) an.
Machen wir aber nicht den Fehler, in der Theorie eine Beschreibung der Wirklichkeit zu suchen. Wokeness oder CSJ interpretiert die Realität ganz anders, als dies ein liberaler Demokrat tun würde. Wir, die wir liberale Demokraten sind, sehen die Welt als eine Art “Marktplatz von Ideen” an. Wir tauschen uns aus, es gibt besondere Menschen, die Meinungsführer sind (Principal Agents), die Medien und viele andere Impulse in einer großen Debatte. Wir tauschen uns in Diskursen über diese Ideen aus, wir suchen Argumente für unsere Position und kämpfen für unsere Überzeugung. Es gibt eigentlich keine Festlegung, die uns in diesen Debatten leitet ausser der, dass eine liberale Demokratie ein großartiger Ort ist, bei dem alle den Regeln nach spielen müssen. Eine Regel lautet, dass alle immer etwas sagen dürfen. Das ist die Meinungsfreiheit. Diese Argumentation ist offen, transparent und muss objektiv geführt werden. Zwar kennen wir auch die Lüge in der liberalen Demokratie, aber sie ist in der Regel ein hoher Einsatz, der auch zum Verlust führen kann, er wird sanktioniert. Ganz anders aber die Wokeness: Wokeness ist nicht liberal, Wokeness will auch nicht demokratisch sein. Wokeness glaubt auch nicht an sowas wie Meinungsfreiheit. Wokeness glaubt, die Strukturen der Macht zu erkennen und in einen neuen Zustand überführen zu können, der Ungerechtigkeit ausschliesst. Warum Sie das kann? Das ist wirklich schon fast der Höhepunkt meines Artikels: Weil sie tatsächlich überzeugt ist, es besser zu wissen! Besser als die Opfer der Marginalisierung, von der sie immer spricht. Die Wokeness-Bewegung ist viel bizarrer als wir glauben, sie ist manchmal furchtbar naiv simplifizierend, dann auch wieder abstrakt. Ihre Motivation ist rein ideologisch begründet, weswegen Ihr Prestige und Ihre Akzeptanz in den Geisteswissenschaften einen wirklich stutzig machen können. Wie kann die bekannte Philosophin Judith Butler in Köln, Hamburg oder Berlin an Universitäten unwidersprochen ein- und ausgehen? In dem Land, in denen Habermas sie für unredliche Taugenichtse schimpfte? Es sind geradezu Weihen für Ihre Philosophie, obwohl sie so feindlich einer liberalen Demokratie mit Ihrer Theorie gegenüberstehen.
D.) Kritik an der Wirkmächtigkeit der Wokeness
Das besondere an der Methode der Wokeness sind 2 Behauptungen bzw. unterliegende Begründungen, die beide eindeutig falsifiziert werden können. Sie sind dennoch sehr wirkungsmächtig:
Falsche Behauptung Nr. 1: Die Anhänger der Wokeness glauben, dass sie eine “Graswurzelbewegung” gegen die dominante, weiße und männlichen westlichen Diskurs führt.
Im Gegenteil, Wokeness wird von weißen, mittlere- bis obere Mittelschicht Intellektuellen und politischen Interessengruppen (bspw. die Grünen) vertreten. Dieses Millieu ist besonders stark im kulturellen Umfeld, in den Medien und an den Universitäten. Das Arbeitermilieu spielt überhaupt keine Rolle in der Bewegung. Die Wokisten gewinnen seit etwa 50 Jahren Macht und Zuspruch und Ihr Einfluss in den Geisteswissenschaft kann man beherrschend nennen. Auch wenn Ihre ursprünglichen Ideengeber wie die französischen Philosophen längst tot sind, waren sie alle weiß, privilegiert, männlich (!) und westlich. Die entscheidende Feststellung ist aber, dass die Theorie kein Diskursbeitrag ist, sie ist als solche illiberal. So ist es mittlerweile durchaus eine Übung geworden, dass man für den Zugang zu Jobs in Medien, Universitäten oder Kultureinrichtungen in einen Diskurs mit Überzeugungsstatements eintritt, die die Zustimmung zu CSJ-Theorien und Konzepten wie Diversität, Gleichheit oder Inklusion abverlangen – sie sind für viele eine absolute Selbstverständlichkeit, auch wenn Ihr Kern Freiheit zerstören will. Sie merken gleich: Hier sollen sie gehorchen, hier müssen sie die Message exekutieren – Kritik gilt anderen, aber nicht der Theorie.
Falsche Behauptung Nr. 2: Die Anhänger der Wokeness glauben, sie haben ein viel besseres Verständnis von sozialen Gerechtigkeitsfragen als der durchschnittliche Mensch.
Sie glauben sogar auch dann IMMER ein besseres Verständnis davon zu haben, wenn sie gar nicht selbst betroffen sind. Deswegen sind Sie immer berechtigt, andere zu belehren und zu unterrichten über das richtige kritische Bewußtsein. Wir alle sind dazu nicht fähig (weil noch nicht erwacht), weil wir quasi nur den herrschenden Diskurs, der Menschen unterdrückt, unterbewußt weiter stärken.
Es tut schon fast weh, sich all diesen Behauptungen ernsthaft entgegen zu setzen, aber es ist nötig. Wokisten glauben an einen Narrativ, dass sie selbst grundsätzlich auf der richtigen Seite der Dinge stehen. Dieses historische Konzept ist so simpel wie erschreckend, denn woher sollte diese Gewissheit überhaupt rühren können. Es ist eine wahnwitzige wenn nicht theologische Überzeugung, also quasi als wenn Jesus Christus auch behaupten kann, immer auf der Seite der Entrechteten zu stehen statt vielleicht selbst ein Opressor zu sein mit einer Opferideologie. Die CSJ Theorie wird aber nicht davon abgehalten, eine Art Karikatur von Privilegierten und marginalisierten Identitätsgruppen zu haben (ich nenne diese Gruppen “Opfer”). Bspw. ist in der CSJ ein weißer Mann als Sklavenhalter ein Täter, der farbige Sklave das Opfer. Die Generalisierung ist aber unmöglich, denn Sklavenhalter war selbst ein Privileg und Sklaven wurden nicht einfach nur von weißen versklavt: Es waren afrikanische Stämme, die andere Stämme für so geringwertig hielten, dass Sie sie stahlen und gegen guten Lohn verkauften – an andere farbige Stämme oder direkt an den weißen Empfänger. Ja, sogar Farbige waren Sklavenhalter und blieben es auch, selbst wenn das in bestimmten Regionen nicht der Fall war (bspw. Südstaaten von Amerika vs. Afrika, wo dass oft der Fall war). Die CSJ glaubt auch, dass diese Privilegien nun durch die Art zu reden entstehen. Also durch Bildung der Sprache. Es ist schon fast absurd, wenn Sie einmal Bilder von einem Sklavenschiff sehen und die Gewalt erkennen, die zur Versklavung führt und sie bewahrt und dann glauben, es sei der Sprachgebrach, der dazu geführt habe. Man muß nicht Niklas Luhmann und seine sozialen Systeme bemühen, aber diese Art zu denken ist so vereinfachend, dass man sie nur falschen nennen kann. Gesellschaftliche Realitäten sind viel komplizierter und komplexer, was eigentlich jeder Mensch aus der Beobachtung seiner eigenen Lebenswirklichkeit verstehen könnte. Die CSJ will das aber nicht gelten lassen und versperrt sich dem Dialog und der Falsifizierbarkeit.
E. Elemente der Kritik: Sprache, das Patriarchat und die radikalisierte Form der Political Correctness
Nach dieser Theorie ist die Gesellschaft nur eine Konstruktion aus Macht und Privilegien. Im Wissen und in der Sprache spiegelt sich dies angeblich wieder. Diese Machtsysteme, die Gesellschaft begründen, aber sind eher unbekannt und nicht merklich, die Menschen erkennen sie nicht. Nur wenn man selbst “woke” ist, also erleuchtet, erkennt man auch diese Systeme und Ihre Wirkungen an. Diese Systeme sind u.a. Patriarchat, Weiße Vorherrschaft, Imperialismus, Vorherrschaft der Heterosexualität als Norm, Cisnormativität (statt Transgender), Ableismus (Diskriminierung wegen Beinträchtigungen) und Abscheu vor fetten Menschen.
Die Theorie legt besonderen Wert darin, die Gewalt und die Ungerechtigkeiten in der Sprache zu finden. Sie ist geradezu besessen damit, in Sprache Beweise zu finden für eine Normierung, die zu Diskriminierung führt. Dies führt zur Entwicklung von Gegenkonzepten, wobei das Gendern selbst das bekannteste Konzept ist. Ziel ist es also, die (gefühlte) Stigmatisierung der Gesellschaft zu beenden und eine neue Sprache auszurpägen, die allen Unterschieden auch gerecht wird. Während sprachliche Grammatik eigentlich keinen Bezug zur biologischen Sexualität des Subjektes hat, tut das Gendern das Gegenteil und will mit Veränderung der Sprache diese Unterschiede deutlich machen. Das Konzept glaubt also, nicht durch Aufhebung der Unterschiede, sondern erst durch Kenntlichmachung ist es der Gesellschaft möglich, auf die Unterschiede zu reagieren und alte Machtstrukturen zu überwinden.
Der Schwachpunkt wird hier gleich deutlich: Wokeness ist eine Theorie, die die Macht verändern will. Als solche ist sie autoritär und will selbst neue Regeln prägen. Diese neuen Regeln werden aber nicht demokratisch verhandelt, sie werden Ihnen nur aufgezwängt. Sie ist ja gerade der Überzeugung, dass unsere Art zu Denken und zu Sprechen permanent die Autoritäten stärkt (also den Missbrauch der Macht und Marginalisierung von Minderheiten). Sie greift also in das Denken und Sprechen aktiv ein wie eine gedankliche Bremse. Ich habe es selbst erlebt, als ich mit jungen Leuten über das Gendern diskutierte. Als ich danach wieder schrieb, hatte ich laufend eine Art Korrektor im Kopf, der sich in mein Denken einmischte. Es war geradezu unheimlich, wie stark in mein Denken eingegriffen wurden und ich hatte da noch gar kein Urteil über die Art des Eingriffs gefällt. Besonders viel Freude dürfte uns allen an dieser Stelle aber machen, womit man diese Leute, die sich sogar in unser Denken einmischen wollen, komplett verrückt macht: Mit Humor. Das Konzept der Wokeness und dass des Humor sind komplett nicht kompatibel. Wenn sie woken Humor hören, dann geht es da eher um eine einseitige Verhöhnung politischer Gegner, es gibt keinen Humor, der über sich selbst lachen kann.
Ein Schritt zurück zum Begriff der Political Correctness. Wer diesen Begriff besonders erst nimmt, hat auch kein gutes Verständnis von Humor. Hier wurde merkbar, dass diese Ermahnung, sich bei eventuell diskriminierten Randgruppen empathischer zu äußern, in voller Ernsthaftigkeit umschlug. Erst war es tatsächlich “gut gemeint”, sich hier vorsichtiger zu bewegen. Doch dann wurden die Kräfte viel stärker und brachen zum Gegenteil aus, die Opfer wurden ermutigt selbst Täter zu werden. Ab ca. 2010 wurde der Auspruch, dass sei nicht mehr PC, zu einem Wortabschneiden. Wer bewußt oder unbewußt (letzteres ist das besonderes Gemeine am PC) ein Tabu verletzt (bspw. indem er den Begriff Neger benutzt), der ist unabhängig von seiner individuellen Schuld zu maßregeln. Erstaunlicherweise wurde fortan wirklich alles zu einer Verletzung des PCs: die falsche Hautfarbe, das falsche Geschlecht, die falsche sexuelle Orientierung, usw., überall lauerte die Gefahr, einen Menschen zu verletzen. Anfangs waren es noch Worte, später sollten auch Taten dazu gehören.
Die Konsequenz für den Übertritt des PC geschieht meist, indem der Beitrag “gecancelt” wird, d.h. der Diskutant wird komplett ausgeschlossen und genießt nur in seltensten Fällen das Recht der Entschuldigung. Es ist eine Zensur, manchmal auch durch den Begriff “Deplattforming” ersetzt. Zu dieser Zeit, als aus dem Empathiebegriff “PC” eine übersensible Tyrannei wurde, spätestens da war die Wokeness geboren. Das rein rassistische Terrain wurde verlassen und alles konnte nun Teil der Cancel Culture sein: Diskriminierung, Rassismus, Antisemitismus, Verschwörungsideologie, Bellizismus, Pazifismus, Frauenfeindlichkeit, Frauenverachtung, Homophobie oder Transphobie. Verschaffen wir uns einen Überblick.
Wokeness vereint verschiedene oppositionelle Konzepte der Politologie, die schon existierten, miteinander:
– Postkolonialismus
– Anti-Rassismus (auch Sklaverei)
– Minderheitsschutz im Allgemeinen (von Antisemitismus bis Urvölkern, Indianern, Aborigines, usw.)
– Frauenrechte, Elemente des Feminismus, so sie nicht mit Genderthemen konkurrieren
– Identitätspolitik (Gender, Trans, Queer, Gay, LGBTQ+ etc.)
– Klima- und Umweltbewegung (fossile Entitäten bedrohen alle Subjekte)
In all diesen Feldern waren Missstände erkannt, die man einem System zuschreiben wollte. Wokeness wurde viel umfassender definiert als es der Sozialismus war, der aus der Wirtschaft heraus definiert wurde. Wokeness will sich um alle Themen der Gesellschaft kümmern, in denen Majoritäten die Minderheiten diskriminieren. Dieser weite Griff belebte alte Geister mit dieser Doktrin wieder neu. Zu den alten Geistern zählen:
– Anti-Moderne
– Anti-Kapitalismus
– Anti-Technologisch
– Feminismus
– Pazifismus
– Ernährungsformen (Veganismus, Vegetarismus)
– Etatismus (Gläubigkeit an den Staat statt Individuum)
– Gerechtigkeit und Gleichheitsdebatten
Für Wokeness ist es also wesentlich, dass er eine Transformation der Kapitalismuskritik in neuer Form erreicht, die ihm durch Kritik an Rassismus, Identitätspolitik der Geschlechter (Gender) oder Post-Kolonialismus ermöglicht wird. Diese Themen sind eigentlich alle schon bekannt gewesen, werden aber mit einem neuen Treibstoff zu einem lodernen Feuer, nämlich dem Klimaschutz. Klimaschutz muss als universeller Angsttreiber gesehen werden, d.h. durch entsprechende Strukturen werden die Folgen des Klimawandels in einer unseriösen Art und Weise übertrieben, so dass Untergangsängste entstehen. Der Zustand der Angst verbreitet sich sehr schnell (wie ein Virus) und er macht empfänglich für Missbrauch. Hier kann die Wokeness besonders fruchtbar Schaden erzeugen.
Ihren Ursprung können wir nicht ganz genau zuordnen, ziemlich gesichert aber sind die USA durch Ihre rassistischen Auseinandersetzungen und akademische Forschung im Bereich der Diversity und Race führend gewesen. Heute würde man wahrscheinlich neben Portland Universitäten wie die Ivy League Uni Berkeley (bei San Francisco, wo Marcuse lehrte) oder auch die Columbia University als akademische Zentralen der Wokeness nennen. Einige nennen Wokeness in den Geisteswissenschaften als “imperial”, es ist die herrschende Ideologie unserer Zeit. Akademisch sind es meist die Humanities (Geisteswissenschaften), die woke Züge haben, nicht Jura oder Wirtschaft oder gar technische Fächer von Physik bis Engineering. Die Sprachwissenschaften sind besonders begeistert, dass die Philosophie Ihnen nun so einen zentralen Raum gibt die Machtstrukturen der Gesellschaft zu beschreiben. Es ist ziemlich augenscheinlich, dass die besondere Stärke der Wokeness aber nicht mit einer farbigen Studentenschaft einhergeht. Ausgangsort für Wokeness ist eine andere Gruppe: Junge, weiße Frauen mit einem bürgerlichen Hintergrund – genau das Gegenteil einer benachteiligten Kultur, sondern die Gewinnerinnen des Feminismus und einer immer feminineren, westlichen Welt. Diese Gruppe ist “too sensitive to injustices”. Die provokante Frage ist ja auch die Offensichtliche: Warum sind ausgerechnet weiße Frauen besonders sensibel, wenn es um Ungerechtigkeiten geht, denn Ihnen selbst widerfahren diese ja eigentlich viel seltener als bspw. einer afrikanischen oder asiatischen Minderheit?
F. Der Niedergang des Sozialismus und der Aufstieg der Frauen
Es ist noch nicht geklärt, woher der Aufstieg des Wokismus in seiner so herrschaftlichen Form rührt, doch ich hätte da ein paar unverschämte Hypothesen zu machen. Zunächst mal “herrscht” der Wokismus in bestimmten Bereichen der Gesellschaft: Medien, Kultur und Universitäten. Und auch wenn der Poststrukturalismus noch eine männliche Idee war, sind die Epigonen sämtlich Frauen. Sie sind von einer Minderheit zu der bestimmten Größe in diesen Institutionen geworden. Es ist durchaus richtig, so behaupte ich, dass man einen femininen Impetus in der Theorie wie in der Praxis sieht. Diese weibliche Gruppe ist zwar mehrheitlich begütert, kommt aus Mittel- oder oberer Mittelschicht, ist aber nicht zwingend heterosexuell, sondern eben auch offen für lesbische Frauen, für Transgender und all diesen “sozial konstruierten Geschlechterrollen”, die die CSJ neben dem biologischen Geschlecht für valide hält. Die Bewegung wird durch folgende Bereiche gefestigt:
a) Herrschaft durch Angst
Die Bewegung ist geschlossen und will sich in Ihren Theorien nicht falsifizieren lassen. Damit geht einher, dass Sie in Opposition zu allen anderen Theorien liegt. Es fällt schwer zu glauben, aber wer sich anfänglich mit der CSJ oder Wokeness beschäftigt, der wird davon angezogen, dass man ja “etwas Gutes tun will”, man will sich kümmern und sorgen. Doch es endet in einer Radikalisierung, es geht im Kern um Gegnerschaft zu liberalen Demokratie. Dass sich eine Bewegung verbreitet, liegt nicht nur an Ihr selbst. So waren bekanntlich viele Deutsche keine radikalen Nazis, aber sind dann zu Mitläufern geworden. Warum blieben Sie nicht Gegner? Warum unpolitisch? Es gibt natürlich eine Ökonomie des Widerstands und welche Kosten dafür anfallen. Die offensichtliche Dimension der Nazis zählt auch bei der Wokeness: Angst. Angst vor Konsequenzen ist ein Motiv, sich der Wokeness-Bewegung nicht in den Weg zu stellen. Denn eine radikale Gruppe geht immer einen Schritt weiter als alle anderen Gruppen. Die Angst ist die Angst vor Konsequenzen im sozialen Umfeld, vor dem Canceln, vor beruflichen Problemen oder schlicht weil die kleine Gruppe wirklich überzeugter Wokisten mich einschüchtert. Ein in der Natur als auch in anderen Systemen oft beobachtetes Muster ist, dass gar nicht die Mehrheit bestimmt, wohin es geht. So bestimmt eine chaotische Schafherde nicht ihren Weg, wohl aber der Schäferhund. So ist es auch bei Menschen, viele führen sich nicht selbst als ein ausgeprägtes Individuum, die Regel ist dass Menschen als soziales Wesen funktionieren. Und hier kann ein radikaler, kleiner Kern eine große Gruppe infiltrieren und in eine Richtung bewegen. Diese Person kann mit genügend Energie dann Unterstützer gewinnen und wachsen, es tritt eine Art Selbstverstärkung ein und plötzlich kann auch eine relativ kleine Gruppe eine ganze Nation schikanieren, terrorisieren oder kontrollieren. Manchmal ist es die Frage, wie weit kann die Gruppe gehen: Wenn Sie bereit ist für Ihre Ideale zu töten, würde es für die Gegner automatisch bedeuten, dass Sie auch bereit sein muss, Ihr Leben im Kampf gegen die Täter zu opfern. Hier wird schon mal augenscheinlich, dass man deswegen als Gesellschaft immer tunlichst aufpassen muss, radikale Gruppen im Auge zu behalten und auch klein zu halten. Die Feinde der Demokratie sind wendig und stets gefährlich.
b) Der Zusammenbruch der Alternativen: Untergang des Sozialismus
Historisch haben wir mit dem Zusammenbruch des eisernen Vorhangs den Zusammenbruch des Kommunismus und des Sozialismus Anfang der 1990er erlebt. In allen westlichen Gesellschaften gab es immer ein linkes politisches Millieu, dass mit dem Sozialismus in bestimmter Form sympathisierte. Mit dem offensichtlichen Zusammenbruch des Systems war es nahezu unmöglich, noch eine Alternative zum Sozialismus oder Kommunismus zu etablieren. Die kritische soziale Theorie, die schon die Probleme des Sozialismus erahnte, versuchte stattdessen Machtstrukturen zu identifizieren, die für die Stabilität des westlichen Systems bedeutsam sind. Hier setzte die Kritik gegen den Kapitalismus erneut an, dem weiterhin Missstände zugeschrieben wurden. Offensichtlich war aber soziale Missstände in westlichen Demokratien mit einem liberalen Kapitalismus, der das Kapital und Eigentumsrechte schützt, deutlich besser austariert. In einem Staat wie Deutschland, der seine Marktwirtschaft so sozial ausgestaltete, schien es nahezu keinen sonderlichen validen Grund mehr zu geben, warum man nicht nah am Himmel auf Erden sein sollte.
c) Soziale Fragen: Junge Frauen, berufliche Stellung, der Häusermarkt und der Zeitgeist
Marx und Engels waren perfekte Analysten. Im Sein wird das Bewußtsein bestimmt, das war die große Erkenntnis überhaupt. Welches Sein also bestimmt das Bewußtsein und damit das Denken der Menschen heute:
– Frauen leben in Gleichberechtigung
– Frauen haben 2 Karrieren (@home und im Job)
– Anspruch an Perfektion ist maximal (Ästhetik, Körper und Gesundheit)
– Unbestimmte Angst vor der Klimaerwärmung (Klimakatastrophe)
– Unbestimmte Angst vor dem Zusammenbruch der Rente
– Minderheit gegenüber den Baby Boomern
– Starker Migrationsdruck auf die Städte (“Housing Crisis”) führt zu Wohnraumknappheit
– hohe Preise für EFH gefährden “bürgerliche Familienplanung”
– sehr späte Schwangerschaften (wenn überhaupt)
– wenig Sex (obwohl die Welt sexualisiert erscheint)
Obwohl obiges gesellschaftliche und politische Aufgaben sind, die man lösen kann, werden diese Themen scheinbar sogar noch verstärkt und durch Untätigkeit maximal unerträglich gestaltet. So könnte man für die Hauskrise natürlich hingehen und große Wohngebiete in den Großstädten, wo die Not besteht, ausweisen. Man könnte die Bedenken für Zersiedelung und Umweltschutz deswegen an die Seite schieben, weil es immer noch besser ist die Menschen in Großstädten zu sammeln als auf dem Land zu zersiedeln. Aber es wird nichts getan – die Preise sind nach der Finanzkrise ins unermessliche gestiegen, nichts passiert (vielleicht auch weil es ältere Profiteure in der Gesellschaft gibt). Es sit die letzte, , aber wesentliche Ingredienz ist der Wirt des Virus, wenn man so will. Natürlich ist der Wokismus auch ein männliches Thema, aber getragen wird die Ideologie tatsächlich heute von Frauen und weniger von Männern. Es sind eigentlich gleichberechtigte oder gar bevorteilte, privilegierte Frauen. Man könnte auch sagen: “Starke Frauen treiben uns an!”. Es ist die soziale Situation der Frauen im marxistischen Sinne, die wir dafür berücksichtigen müssen: Frauen strömen in geisteswissenschaftliche Berufe in großer Zahl. Die Gesellschaft fragt jedoch eigentlich eher technisch-naturwissenschaftliche Qualifikationen ab. Am Arbeitsmarkt kommt es zur großen Ernüchterung, dass die Frauen finanziell weiterhin schlecht dastehen und das Problem verschärft sich durch die Präferenz für schlechtbezahlte Berufe. Seit der Finanzkrise 2008 brach die “Housing Crisis” durch, es steht in urbanen Zentren, wo Frauen wohnen, immer weniger bezahlbarer Wohnraum zur Verfügung. Die Politik schafft auch nicht ausreichend Möglichkeiten für mehr Wohnraum, zudem profitieren Besitzer vom Wertzuwachs von Bestandsimmobilien. Wenn Frauen dann eine Familie gründen wollen, stehen sie nicht nur vor einem beruflichen Einbruch, sie stehen auch vor einem finanziellen Kollaps. Denn ein Wohnraum in Größe des eigenen Elternhauses ist trotz universitärer Ausbildung unerschwinglich. Das kann die Unzufriedenheit enorm steigern, junge Menschen empfinden deswegen die Welt als ungerecht. Die Beschau der weiteren Probleme von Umweltproblemen bis Rente bringt sie zu der Überzeugung: Was für eine Sauerei! Wieso müssen wir dafür haften, dass wir so wenige sind! Und dass die uns diese Welt hinterlassen!
Während den Kommunismus noch Männer in die Welt tragen sollten, der Kapitalismus eh das Produkt alter weißer Männer sei, sollte die Wokeness nicht von Männern verbreitet werden – denn Männer sind der Theorie nach potentiell toxisch und tragen dieses Toxität bewußt oder unbewußt mit sich rum, solange sie nicht erwachen. Da die meisten jungen Männer heute ebenfalls unter Rollenkonflikten und Vorbildern leiden (nicht so wie der Vater, aber wie dann?), leiden sie eher still mit.
Wokeness ist im akademischem Umfeld in den Geisteswissenschaften eine Bewegung junger Frauen. Denn sie wählen dieses Studienfeld auch üblicherweise am meisten. Diese jungen Frauen kann man in einem Widerspruch zum Zeitgeist und Ihrer natürlichen Bestimmung beschreiben. Junge Frauen sind heute in der Lage, sich kritisch zu äußern als Ergebnis harter feministischer Kritik am Patriarchat. Die 68er haben hier den Feminismus sehr weit voran gebracht, so dass die Kinder auf diesem Fundament stehend im Idealfall ein “Level-Playing-Field” vorfinden. Obwohl Ihnen theoretisch also die Gleichberechtigung in jeder Hinsicht bereits zusteht, macht sie dies nicht automatisch auch zufriedener oder glücklicher. Diese Situation erzeugt vorher ungekannte Sinnkonflikte, was denn der ideale Lebenswandel für eine moderne Frau überhaupt ist. Das muß eine frappierend schwierige Situation sein. Dies beginnt im beruflichen Feld: Obwohl Berufe wie Pädagogin oder Therapeutin von Ihnen gerne öfter gewählt werden als bspw. Mathematiker, sind sie doch typisch feminine Berufe. D.h. diese sind entsprechend klischeehaft und schlechter bezahlt, je näher sie am Menschen sind, desto eher steigt Unzufriedenheit bis zum Burn-Out. Zwar konnten Frauen die Gehälter in diesen Berufen verbessern, aber die Unterschiede zu “typisch männlichen Berufen” bleiben bestehen. Die Alternative war dann die Wahl dieser Berufe, bei denen es keine Zulassungsbeschränkungen mehr gab. Aber auch dann werden kaum mehr Frauen Physiker oder Ingenieure (siehe Skandinavien). Offensichtlich gibt es sowas wie eine natürliche Präferenz, die Wokisten aberwitzig finden. Diese Kämpfe gehen aber noch viel weiter:
Junge Mütter kennen den Widerspruch, dass Sie einerseits eine berufliche Karriere verfolgen wollen, andererseits aber ein Kind, welches sie in die Welt bringen, die Prioritäten auf erstaunliche Art und Weise verschieben kann. Was also ist nun die richtige Ausrichtung, was entspricht dem Partner, was entspricht dem Kind, was den eigenen Eltern und der Gesellschaft und was war da noch: Ach ja, was entspricht einem bloß selbst!? Hier gibt es noch viele ungelöste Rollenkonflikte, da auch Männer Neigungen zu gewissen Verhaltensweisen zeigen und nicht alles auch mit dem Bewußtsein darüber abstellen wollen. Es erscheint, als wären viele Frauen in einem Widerspruch gefangen. Frauen werden u.a. auch wegen dieser Gründe immer später Mutter, die Anzahl der Kinder sinkt in westlichen Gesellschaften auf ein gefährlich-niedriges Maß. Vielleicht wollen es radikale Feministinnen als ein gefährliches Argument nicht durchgehen lassen, aber die Mutterschaft erscheint mir für die Frauen immer noch ein Lebensziel, was sie sich immer wünschen. Wenn dies aber unrealistisch ist, dann macht sich eine gewisse hilflose Unzufriedenheit breit. Das Grundgefühl ist also eine Mischung aus Verachtung, Unerfülltheit bis irritierender Suche. Frauen suchen Sinnstiftung und finden im Beruf doch immer nur begrenzt etwas. Sie bringen hervorragende Leistungen, egal was man ihnen vorsetzt aber es bringt sie nicht weiter. Das ist der Quell tiefer Frustration.
All dass macht sie dafür anfällig, Partei für Dritte zu übernehmen und eine Übersprungshandlung durchzuführen: Wenn mein Leben nicht gerecht ist, dann will ich das meine tun, dass das Leben anderer gerechter ist. Das Interesse an den Wokismus wirkt dann wie eine typische Übersprungshandlung: Statt sich mit der eigenen Misere konstruktiv auseinander zu setzen, lenkt man sich ab: Man kümmert sich um anderer Leute Baustellen. Denn die eigenen Probleme, sie erscheinen im aktuellen Kontext der Zeit quasi unlösbar. Das ist der Sprengstoff, den die Gesellschaft im Keller hat – nicht die Umweltkrise, nicht das Gendern oder die Rechte von Minderheiten.
d) Psychologie: Unterstützung für Wokeness: Emotionales Denken, Binäres Denken (Schwarz-Weiß), Katastrophisierung in Gedankenspiralen
Schwer zu erklären ist, warum sich auch das Denkverhalten sehr stark ändert. Es begünstigt quasi die woke Methodologie und verstärkt sie. Eine Vermutung ist, dass die Verbreitung von Smartphones und sozialen Netzwerken einen Anteil hat. Der andere Einfluss dürfte der profund geänderte Erziehungsstil sein. Der Erziehungsstil heute hält junge Menschen davon ab, negative Erfahrungen zu machen. Sie sollen keine Gefühle von Angst oder Gefahr kennen, sie wachsen in einem extrem geschützten Raum auf. Dies nimmt Ihnen leider jeden Raum, an diesen negativen Erfahrungen zu wachsen. Wer nur positive Gefühle kennt, kann mit negativen Gefühlen kaum umgehen. Er hält Konflikte und Streit nicht aus, empfindet alle Konflikte sofort überemotional. Das wird auf Smartphone dann verstärkt durch einfaches YES und NO Denken, klicke ich oder nicht, ist es hot oder nicht ,LIKE oder NOT. Dieses schwarz-weiß denken wird wie ein Megafon verstärkt durch die Algorithmen, die dahinter stehen – sie bringen die Dinge immer wieder nach vorne, die Kinder und Jugendliche besonders emotionalisieren. Ziel der Übung: Immer noch mehr Emotionen, gerne auch die von Wut und Hass verstärken, um Gedankenspiralen zu begleiten. Gedankenspiralen sind dann bspw. “Klimakatastrophe”, der “Planet wird brennen”, usw. dem am Ende keine ernsthaften wissenschaftliche Beweise mehr begleiten. Es wird katastrophisiert bis der Arzt kommt. Das ist die Art zu Denken im Jahr 2023 und wird noch lange so weiter gehen.
Tipp: Das Buch von Jonathan Haidt und Greg Lukianoff: “Coddling of the American Mind” https://twitter.com/i/status/1724095053025497455
e) Das Spiel mit der Lust vorm Untergang: Klimaschutz und die kollektive Depression
Wenn die Jugend heute ihre Angst auf die Straße trägt, dann hat auch das eine Geschichte, die weit vor Greta #Thunberg und #FridaysforFuture zurückreichte. All die heutigen Epigonen wie Greta oder Luisa Neubauer sind nur die Neuaufführung bekannter alter Kamellen. In den 1970er Jahren veröffentlichte Dennis Meadows die “Grenzen des Wachstums”. Das Buch änderte schlagartig den Blick einiger Menschen auf die Welt. Man erkannte die Welt in einer Art systemischen Zusammenhang und obwohl Meadows zwar mit relativ simpler Mathematik gearbeitet hatte, kam er zu dem überzeugenden Ergebnis, dass die Menschheit Ihre Ressourcen bald verbraucht haben dürfte und so erst in Armut und dann in den Untergang gleiten dürfte. Wenn auch nichts davon wahr geworden ist, im Gegenteil, so entstand daraus eine merkwürdige Bewegung die ich “Existinktionalisten” nennen würde (Menschen, die an Ihre Auslöschung glauben). Frauen waren das vielleicht extremste Beispiel und beschlossen, kein Kind mehr in die Welt zu setzen und sich unfruchtbar zu machen. Was wie eine psychotische Maßnahme klingt, erscheint aber auch in den 2020ern für viele Frauen nachvollziehbar: Sie fühlen sich in einer Weltuntergangssituation und haben Angst. Auch sie entschließen sich dazu, keine Kinder mehr zu bekommen, aus Sicht der Biologie der eigenen Spezies eine widernatürliche Entscheidung. Doch für die Theorie der Wokeness ist es wichtig festzuhalten, welche Präsenz das Thema “Umwelt- und Klimaschutz” wieder bekommen hat. Das Thema ist allumfassend für Menschheitsprobleme und trifft in der Theorie jeden: Alle Menschen sind Opfer. Ergo müssen wir alle etwas dagegen tun, die Klimabewegung wendet sich an alle Menschen. Das hat für die Wokeness den zentralen Vorteil, dass die ganzen Einzeltheorien von Post-Kolonialismus, Sozialismus bis Gendertheorie nun einen gemeinsamen Zusammenhang bekommen: Gerechtigkeit ist unser Ziel und dieses Thema verbindet uns alle. Nur wenn wir verbunden sind, sind wir als Bewegung mächtig und wirksam.
Wokeness kann den Gerechtigkeitsbegriff quasi übernehmen aus all den Resten, die der Sozialismus und der Kommunismus hinterlassen haben. Praktisch hat die Geschichte beide Konzepte als nutzlos befunden, er hat alles ausgetestet, doch niedere Instinkte scheinen für die Fortführung der menschlichen Existenz mehr Früchte zu liefern. Dennoch ist der Glauben an den Sozialismus eigentlich unerschüttert, gerade im Westen erscheint es so, als wenn der Gegenbeweis noch zu führen wäre. Damit dies möglich ist, wandelt der Sozialismus seine Form. Auch er nimmt die Umweltschutz-Diskussion zum Anlass um die Probleme des Kapitalismus “zu beweisen” und für Alternativen zu werben. Die Modifikation des Kapitalismus wird von den Anhängern aber als falsch betrachtet, da er quasi mit Patriarchat und Machtsubjekten in jeder Form immer ungerecht ist. Gerechtigkeit und Klimaschutz werden so auf eine Formel gebracht, sie gehören quasi zum gleichen Paar Schuh.
G. Warum Wokeness keine Ideologie ist, sondern ein Gefühl
Der Punkt des Gefühls als Zentrum der Theorie über die Wokeness kann man gar nicht groß genug schreiben. Das Gegenteil einer Bewegung aus dem Gefühl heraus ist eine reine Ideologie. Was ist das? Nun, der Kommunismus ist ein sehr fassbares Beispiel für eine Ideologie: Es gibt eine Analyse und Dekonstruktion eines Ist-Zustandes, des Manchester-Kapitalismus. Darin erklärten Marx und Engels, was alles zusammenwirkte, damit es auf der einen Seite Produktion und Profit gab und auf der anderen Seite soziale Missstände. Die Ideologie ist dann aber nicht diese Analyse, sondern die Konstruktion einer neuen Welt: Der Diktatur des Proletariats in all seinen Ebenen. Der Faschismus ist das nicht. Es ist der Grund, warum Hitler auch so schwer fassbar war: Es gab kein Gedankengebäude, an dem er zu beurteilen und zu richten war. Hitler verkörperte das männliche Gefühl seiner Zeit: Eine Niederlage im I.Weltkrieg mit einem schmachvollen Diktatfrieden war eine schlechte Voraussetzung, damit viele Biographien zum Erfolg werden konnten. Es ging um die Genese der Biographien, die nicht ewig Opfer sein wollten. Erneut durch die Weltwirtschaftskrise beschädigt, wollten Sie einen sprichwörtlichen Kampf gegen die Mächte führen (echte oder erdachte wie die des “Weltjudentums”), die sich ihnen in den Weg stellen wollten. Hitler führte Krieg gegen alle Nationen, die ihm im I. Weltkrieg begegneten, nur um Land und Besitz anzuhäufen (Lebensraum), damit die Schmach der Niederlage wettgemacht werden konnte. Entscheidend ist, dass Hitler sich zwar immer als eine Fortschreibung der Vergangenheit erkannte, dass er regelmäßig aus deutsche Geschichte zitierte, aber er konnte keine konsistente Utopie für die Zukunft entwerfen. Seine Zukunft war eine erneute Reinstallation teils griechischer, germanischer oder mittelalterlicher Mythen, die neu installiert wurden. Es gab aber keine Utopie, die eine neue Gesellschaft entworfen hätte außer der, die Hitler in nur wenigen Jahren schon errichten konnte. Sprich ohne den Führer selbst ging dem Mythos sofort der Saft aus. Er verkörperte ein Gefühl und dieses Gefühl schrie nach Macht und Vergeltung, nach Rache und Wiedergutmachung für frühere Verletzungen. Es war eine Kränkung, die in seinem Beginn steht.
Gefühle I: Adolf Hitler, rasend vor Wut (hier gespielt von Bruno Ganz in “Der Untergang”)
Bei der Wokeness geht es auch um ein Gefühl, ein vollkommen gleiches Gefühl: Es ist das Opfergefühl. Opfer kann jeder sein, der Opfer in einem historischen Kontext war. Üblicherweise sind dies in der Wokeness die Farbigen (Rassismus), die Kolonien (Post-Kolonialismus), die Sklaven (Sklaverei), Genderidentitäten (Minderheiten aller Colouer LGBTQ+) oder gar große Gruppen wie Frauen (Feminismus) als Opfer. Täter ist simplifiziert immer der weiße alte Mann, d.h. “White Anglo Saxian Protestant” als eine Art Blaupause für das herrschende Menschheitsgeschlecht. Männer herrschen, da Frauen in einem Patriarchat begriffen werden. Immer sind Männer Täter, Frauen oder sozial definierte geschlechtliche Identitäten sind quasi immer Opfer. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass es diese Vereinfachung ist, die greift. Natürlich lässt sich die Simplifizierung von Opfer-Täter viel komplexer darstellen und auch verwischen, in der Essenz kommen wir jedoch immer auf eine Erzählung, wo das Opfer unterstützt werden muss. Das praktische in der Konstruktion der Bewegung Wokeness ist aber, dass sie nicht erst Opfer sein müssen, um aktiv zu werden. Nein, alle Opfer können auch sich für ganz andere Opfer einsetzen in einer Stellvertreter-Konstruktion.
Gefühle II: Eine woke Feministin, ebenfalls rasend vor Wut (an einem US-amerikanischen College)
Einige Besorgte wähnen unsere Zeit am Beginn einer neuen, dunklen Epoche. In Deutschland sehen politische Kommentatoren eine Transition von der Weimarer Republik in einen Faschismus ab 1933, der sich für sie an Wahlerfolgen der AfD äußert. Doch es gibt noch eine andere radikale Idee die nicht so einfach zu dechiffrieren ist, weil es sie vorher schlicht so nicht gab. Es mußte erst den Feminismus geben, damit es eine Chance zur Genese hatte, es ist die Auslebung der performativen Theorie der Sprache. Diese philosophische und zugleich nur politische Ideologie kehrt die Vorzeichen des Faschismus in gewisser Weise um. Gemäß der alten Binse, dass das, was erkannt ist, eigentlich schon gebannt ist, ist eine neuartige Ideologie viel gefährlicher und wirkmächtiger. Sie ist so unterschätzt, da sie statt in der gewaltätigen Form des Faschismus in der scheinbar empathischen Haltung einer Opferideologie funktioniert. Es gab sie in den 70ern, als wegen der Umweltprobleme erste Frauen beschlossen, keine Kinder in die Welt zu setzen. Heute tun sie es gepaart mit dem Klimaschutz, es ist die Ideologie der Existinktionalisten. Es ist der Wokismus.
Es ist unschicklich, theoretischen Vordenkern des Wokismus wie Judith Butler eine unglückliche Lebensführung vorzuwerfen. Aber es zieht sich eine mehr oder minder deutliche Spur von Verachtung oder gar Selbsthass durch diese feminine Form des Faschismus. Und schwierige Menschen scheinen ein Talent dafür zu haben, schwierige Menschen anzuziehen. Huch, da ist es, das böse Wort, wie kann man es nur mit dem Wokismus in einen Topf werfen. Man kann, wenn man die Parallelen beleuchtet und die Unterschiede festhält. Der Wokismus findet sich 2023 überraschende Unterstützer. Sie geben Zeugnis ab für Terrororganisationen wie die Hamas, die sie als Freiheitskämpfer konstruieren, obwohl Ihre Hände brutal unschuldige Zivilisten morden. Greta Thunberg ist für sie die Ikone der Klimabewegung, aber auch sie reiht sich nahtlos in die woke Bewegung ein, die den faschistischen Genozid ausgerechnet einer Demokratie wie Israel zuordnet. Bürgerliche Gesellschaften sind für woke Menschen verlogen und verloren, denn dort werden Geschlechteridentitäten wie LGBTQ+ in patriarchalischen Gefängnissen gehalten, so wie auch die Palästinenser in Gaza. Schon nach dem 9/11 waren Judith Butler und Ihre Folger auf der Suche nach Erklärungsmustern für Ihre Sympathie gegenüber den Terroristen. Sie wollten verstehen, was sie an antisemitischer Gewalt so positiv fanden.
Ungerechtigkeit ist hier der Schlüssel aller Erklärungen. Es ist meist ein einfaches Freund-Feind-Schema, die Macht eines einzelnen, die diesem “alten weißen Mann” nicht mehr zustehen solle. Wie ist es denkbar, dass die Luisa Neubauers unserer Zeit, Enkel von Profiteuren der Zwangsarbeiter, nun Ihren Großeltern die Hand geben und ein Einverständnis erzielen? Wo liegen Ihre Gemeinsamkeiten? Wokeness die Theorie über ein Gefühl, das all dies trägt. Es bestehen überraschende Parallelen zum Faschismus, der in seinem Kern keine Ideologie ist (wie bspw. der Kommunismus), aber auch ein Gefühl ist. Die Feststellung, dass Wokeness, Klimabewegung und Faschismus von einem ähnlichen psychozialen Konzept getragen werden, klingt überraschend. Der Wokismus entlarvt sich als eine weibliche Form des Hasses, zunächst auf sich selbst und dann auf die alten-weißen-Männer, die er immer wieder heimsucht. Und Gewalt nach Innen bedeutet hier, sich einerseits nicht mehr zu vermehren, andererseits eine Art Gefängnis für die Seele zu errichten. In der Familienstruktur wird die sorgende Mutter ersetzt durch den normativen Staat. Er ist für die Töchter des Zorns der Aliierte, er kann bindende, positive Diskriminierungsnormen in Gesetzen festschreiben. Er will latent ungerecht sein, weil dass in Anbetracht des jahrhundertelangen Unrechts nur recht und billig ist.
H. Erkennen wir 2023 eine neue politische Strömung, die so gefährlich ist wie der Faschismus?
Aufgeheizte Proteste kennt die Demokratie und sie wird mal von links, mal von rechts herausgefordert. Der Rechsstaat muß das aushalten, er darf es auch bekämpfen. Vor allem Minderheiten müssen für Ihre politischen Ansichten auf die Straße gehen dürfen, natürlich ist hier staatliche Gewalt völlig Fehl am Platze. Aber eine Minderheit, die “Tod den Juden” ruft oder unsere rechtsstaatliche Ordnung attackiert, ist nicht schützenswert. Sie muss verfolgt werden.
Gute Politik ermöglicht eine Demokratie, die die Ränder beruhigt. Dafür müssen Probleme aufgenommen werden, debattiert und gelöst werden. Eine schlechte Politik macht die Ränder größer (siehe aktuell Migrationspolitik durch die Ampel). Neu ist, dass die Proteste gar nicht in der Gesellschaft prävalent sind, sondern von außen kommen und intensiver und schneller in unser Land hereingetragen werden. Die Demokratie muss sich also von Konflikten schützen, die von außen eingetragen und befeuert werden. Das ist wohl der Preis einer offenen Gesellschaft. Der Nahost-Konflikt ist natürlich kein innerdeutsches Thema, aber plötzlich wird er so geführt, als wäre er es. Juden in Deutschland fürchten sich vor Arabern, die scheinbar Rache für Mord an Ihren Volksgenossen üben wollen. Nur die Juden, überall immer eine Minderheit, genießen keinen Schutz. Am 7.10.2023 wurde sie mit 1.400 Menschen in einen grausamen Massenmord geführt, aber die Demonstranten erkennen weder Ihren Schmerz noch Ihr Leid an. Israel als Täternation, Palästina trotz Massenmord eine Opfernation. Hier ist offensichtlich nicht nur Propaganda am Werk, sondern auch eine Ideologie.
Besonderes Augenmerk, weil besonders für unseren Staat gefährlich, halte ich nicht die imigrierten Palästinenser ohne Demokratieverständnis. Ja, es gibt Dschihadisten, die auch in Deutschland aktiv sind und für Verfassungsschutz und Polizei natürlich eine Aufgabe bedeuteen. Doch ich sehe die größere Gefahr, die von deutschstämmigen Akademikern ausgeht, die auch intellektuell und ideologisch Palästinenser unterstützen. Das ist sozusagen Greta Thunberg genauso im Boot wie Oliver und Charlotte im geisteswissenschaftlichen Seminar an der Uni Köln. Diese jungen Studenten werden an unseren Unis in vorrangig geisteswissenschaftlichen Seminaren mit der Elementen der Queer-Theorie und der Identitätspolitik konfrontiert. Dazu kommen eine Vielzahl von verschiedenen Ausprägungen, die auf einer weiter formulierten Theorie des Poststrukturalismus herrühen. Ich bezeichne diese Menschen, die ausnahmslos Akademiker sind, einfach als Woke.
All diese Themen können philosophisch und theoretisch in den Poststrukturalismus eingebettet werden, d.h. entscheidend bei der Bildung von Geschlechtern ist nicht so sehr die biologische Seite, sondern die sprachliche Seite. In Sprache selbst wird die Identität (das Gender) ausgeprägt. Bekannt ist dann der Einsatz der Sprache um diese klarer zu betonen (“sprachlich gendern”). Dabei geht es nicht darum, dass bspw. Mann oder Frau gleich bewertet werden. Nein, es geht nicht mehr um Patriarchat (Männlich) und Opfer (Feminismus), sondern um eine Vielzahl von Geschlechteridentitäten (LGBTQ+, usw.). Entsprechend sind auch Machtstruktur und Subjekte in einem anderen identitären Zusammenhang zu ordnen. Das klingt alles schon etwas merkwürdig für einen Konservativen, das muss man zugeben. Der entscheidende Unterschied ist das Sexuelle zu einem so entscheidenden Element in der Theorie zu machen. Und hier ist das Sexuelle eben nicht nur heterosexuell, sondern in all seinen Spielarten zu sehen. Allen wird eine eigene Identität dann zugestanden, um das Gender auszuprägen. So ist also die sexuelle Identität für eine Farbige Person, die einen postkolonialen Hintergrund hat und nicht weiß, ob sie Mann oder Frauen bevorzugt, immer eine andere als für einen weißen Mann, der Frauen liebt. Dieser hat die ungnädige Rolle des “weißen, alten Mannes”, d.h. von ihm geht in der Geschichte zuviel Macht und Unterdrückung aus. Um sich dagegen zu wehren, will aber eine woke Person nicht Gleichberechtigung erreichen, das wäre eigentlich eine Feministin. Nein, eine woke Person könnte auch positive Diskriminierung fordern, d.h. sie ist ja klarer getrennt von anderen Subjekten (auch in der Sprache) und wird mit einer anderen Machtposition (bspw. über weiße alte Männer) versehen. Diese Theorie hat hier auch viele Fehlstellen, so ist in der Grammatik (also der deutschen Grammatik insbesondere) das Geschlecht und der Artikel ein sprachliches Geschlecht und keine sexuelle Identität (der Bäcker hat ein männlichen Artikel, aber auch die Frau kann den Beruf des Bäckers ausüben. Die Bäcker*in wäre dann eine Form des Genderns, die definitiv dazu dient, die Besonderheit des Geschlechts zu akzentuieren.)
Erstaunlich, dass soviele “alte Hüte” wie Sozialismus oder Post-Kolonialismus dank CSJ-Theorie wieder im neuen Lichtem, sozusagen wie verjüngt, wieder auftauchen. Allein einzelnen Elementen ist aber etwas gleich: Sie brauchen alle “ein Opfer”. Aber die Anhänger dieser Ideologie können, müssen aber gar nicht selbst Opfer sein. Im besonderen Falle ist man niemals Opfer, dann bist Du nämlich ein weißer alter Mann. Alle anderen Ausprägungen sind mindestens einmal Opfer gewesen. Als Frau hast Du alle Chancen ein Opfer von Männlichkeit gewesen zu sein. Und sei es die verpatzte Gehaltserhöhung, der Opferbegriff ist weit. Erstaunlich ist auch, dass zwar 6,5 Millionen Juden Opfer industrieller Vernichtung durch die Nazis geworden sind, aber diese nicht als Opfer gelten. Das liegt daran, dass die Ideologie sie als Täter einstuft, nämlich in allen Dingen rund um den Nahen Osten. Dort sei, so die krude Theorie, Israel nämlich eine westliche Besatzungsmacht. Und die Palästinenser Ihre Opfer. Auch ohne hier in die Details zu gehen, ist das natürlich Bullshit, ein Hamasterrorist, der ein israelisches Baby in den Backofen steckt, der ist ein Scheusal und ein Täter. Er gilt aber als Befreiungskämpfer, weil er sich gegen Israel wendet. Besonders fassbar wird es, wenn es um Ernährungsgewohnheiten geht. Dies am Beispiel des Veganismus: Wenn wir über Veganismus reden oder ihn durchführen, ist kein Opfer präsent. Wir reden über die wirklichen Opfer, aber sie sind nicht da. Bei den Veganern wird die Diskussion in Abwesenheit von Tieren geführt. Und es geht um die Behandlung der Tiere durch die Carnivoren, die die Tiere dann auch essen. Davon grenzt man sich ab. Selbst die Bienen will ein Veganer vor Versklavung schützen, so dass Honig Tabu ist. Aber keine Biene und kein Tier ist dabei anwesend. Diese Art von Debatte heißt:
I. Stellvertreter-Debatten
Stellvertreter-Debatten bieten den unheimlichen Vorteil, niemals direkt Opfer sein zu müssen. Ich bin als Stellvertreter immer involviert, wenn es mir passt. Als lesbische Feministin könnten mir Tiere oder Postkoloniales ja eigentlich egal sein. Aber wenn ich gleichzeitig Opfer bin und dort Tiere oder Menschen auch Opfer von Kolonisten wurden, dann kann ich logisch konsequent auch deren Anwalt sein. Ich möchte einfach nicht, dass Menschen zu Opfer werden: Ich will mich kümmern um die Opfer und für Sie Partei ergreifen.
Ein weiteres Beispiel ist der Post-Kolonialismus. Es ist nicht die Stimme eine ehemalig kolonialisierten Volkes, die sich erhebt, sondern Ihre Stellvertreter. Also Menschen, die sich einfühlen wollen, die sich kümmern möchten. Man könnte auch bildlich sagen, dass man sich wie eine Mutter ein Kind sucht, dass man schützen muß vor dem Einfluss schädlicher Männer. Es reicht aber heute nicht, nur die Männer als Feinde zu erklären. Das würde vielleicht einigen Feministinnen ausreichen, aber die Breite der Bewegung wäre begrenzt. Es fehlt also noch eine Schnittmenge, die all diese aktivistischen Gruppen zusammenbringen könnte. Denn alleine für sich wären die Vertreter dieser Bewegungen alle politisch Wirkungslos. Gemeinsam aber wären sie stark. Bei der Grünen Partei kennen wir diese zersplitterte Landschaft, sie wurde vom Thema Anti-Atomkraft zusammen gehalten.
Der Klimaschutz ist ein hervorragendes Thema für alle Gruppen und Strömungen in der Bewegung ebenfalls ein Bindemittel zu sein. Es vereinigt alle Strömungen quasi unter einem Dach. Klimaschutz ist sozusagen der “KLebestoff” der Bewegung, die sich sonst eigentlich auf kein gemeinsames Thema einigen könnte. Alle Menschen könnten hier das Opfer werden, die Frage ist: Wer sind die Täter? Dass sind bspw. die fossilen Mächte und jeder, der sich damit solidarisiert. Das macht es aber politisch wirksam. Symbolisch wichtig war hier das Bild der heiligen Jeanne d’Arc der Klimaschutzbewegung, Greta Thunberg. Sie zeigte, wie natürlich all diese Themen von Frauen gemeinsam gedacht werden können.
Die Verbindung: Greta Thunberg zeigt auf, dass Antisemitismus, Sympathie für Hamas, eine Opferideologie für Palästina begründet im Post-Kolonialismus und Ihr eigentliches Thema Klimaschutz Hand in Hand gehen. Für den Antisemitismus hat sie eine blaue Plüschkrake als Symbol hinzugefügt.
Es geht um Opfer des Klimawandels, die entweder schon existieren, die man in die Zukunft projeziert, vor denen man laut warnen kann (Alarmismus) und der nicht so genau fassbar ist. Es sind erneut Opfer. Dass der Klimawandel ein eher theoretisches Konstrukt ist, dass man nicht so wirklich anfassen kann, wird konsequent verleugnet. Jedes Wettephänomen der Hitze soll dafür genutzt werden, den Menschen ein Beispiel zu geben. Doch Klima ist nicht Wetter, ein heißer Tag macht noch keinen Sommer, es ist komplexer. Und das macht es genauso wunderbar geeignet wie der Kampf gegen die Atomare Strahlung. Auch diese war kaum fassbar, eher in den Köpfen zu nutzen und die Auswirkungen kaum erkennbar. Wir Menschen schauen jeden Tag in die Sonne, ein offener thermonuklearer Reaktor. Aber wir alle wissen, dass uns Strahlung eigentlich nicht umbringt – im Gegenteil, wer die Sonne ausschalten könnte, würde uns automatisch in Folge dieser Entscheidung umbringen. Klimaschutz und Anti-Atombewegung sind austauschbare Themen, sie funktionieren mit den gleichen Mustern, nur dass man heute noch ein paar Wissenschaftler dazu verführen konnte, es ordentlich mit dem Alarmismus zu übertreiben. Wissenschaftler, die dagegen vor Strahlung gewarnt hätte, hätte man einsperren müssen – wie kann man gegen etwas sein, was der essentielle Teil der Physik ist? Es geht aber, wir haben das gelernt, in der Debatte nicht um Logik – es geht immer um DAS GEFÜHL.
Exkurs: Der genötigte Vergleich: Demonstrationen als rechtsstaatlicher Mittel vs. Progrome der Vergangenheit
Am letzten Sonntag rafften sich über 10.000 Unterstützer Palästinas auf die Straßen Berlins. Darunter war unverhohlener Antisemitismus zu erkennen. “From the River to the See” heißt nichts anderes als die Auslöschung Israels und einige finden, dass dass auch für die Juden im Allgemeinen zu gelten habe. Das Bild der Demonstranten durch Berlin-Mitte erzeugte Bilder, die unverkennbar deutlich einen Vergleich erzwangen. Für Eli David war es 1938 und damit meint er als Jude natürlich die Reichskristallnacht am 9. November. Das war der Beginn der Progrome der NS, die Verwüstung und Zerstörung jüdischer Einrichtungen, die in der industriellen Vernichtung von 6,5 Millionen europäischen Juden endete. In Berlin endeten die Demonstrationen allerdings ohne Progrome, auch kamen keine Menschen zu Schaden. Es war erst recht keine Aktion der staatstragenden Parteien in Deutschland oder eines Führers. So gesehen ist der Vergleich sträflich, weil er die Ereignisse von 1938 fälschlich gleichsetzt. Der Tweet-Autor Dr. David Eli will aber vor allem warnen. Mit dem Vorschlaghammer will er Parallelen aufzeigen und aus jüdischer Sicht muss leider gesagt werden, dass es sich für jeden Juden in Deutschland bedrohlich anfühlen muss. Eli erinnert daran, wer das größte Opfer im 20. Jahrhundert gebracht hat.
Der Rechtsstaat ist enorm herausgefordert, diesen Protesten Stand zu halten und Straftaten zu unterbinden. Und erstaunlicherweise glauben auch die Demonstranten auf der Pro-Palästina (teils gar Pro-Hamas), dass sie eine Opferrolle tragen. Sie sind Opfer eines westlichen Staates, einer Demokratie namens Israel geworden. Für einige Demonstranten ist Israel ein Staat “alter, weißer Männer”, was nicht ferner von der Wirklichkeit sein könnte. Israel ist jung und sehr multikulturell, kaukasische Männer bestimmen das Bild im Alltag nicht, sondern viele arabischstämmige Juden sind sichtbar. Israel ist bürgerlich, es ist kapitalistisch und modern. Auch dies scheint zum Feindbild der aufgebrachten Menge zu hören. Das ist pervers, wenn man bedingt, dass dieser Protest in einem Land stattfindet, dass Israel in vielen Punkten nicht ähnlicher sein könnte. Der größte Unterschied in unserer Zeit, ist nur die Auseinandersetzung mit der Hamas, dschihadistischen Nihilisten, die die Palästinenser als Geisel halten und Ihre Dollarkonten regelmässig mit Hilfsgeldern füllen können, um dann immer wieder Israelis, am liebsten den ganzen Staat, vernichten zu wollen. Im Westjordanland und Libanon kommt die Hisbollah hinzu, die sich auch als Gotteskrieger begreifen und vom Iran unterstützt werden.
Das Recht auf Demonstration und freie Rede für alle, solange es sich im Rahmen der Verfassung bewegt. Dass ist ja gerade der Unterschied zum NS Reich, dass 1933 mit der Machtübernahme von Hitler durch einen Fackellauf gefeiert wurde. Und hier sind die bildlichen Analogien zu dem Video von David Eli zu finden. Diese Menschen skandieren nun im Rahmen Ihres Demonstrationsrechts für eine andere Politik im Nahen Osten. Nur scheint aus Ihrer Sicht Gewalt oder Antisemitismus absolut legitim zu sein. Dies wird vermischt mit der Phrase “From the River to the See”, die eindeutig eine Zerstörung Israels wünscht. Der Satz ist bewußt gewählt, denn er ist strafrechtlich nicht direkt als Straftat festzumachen. Was ist ein Fluß und ein Meeer schon genau, was ist damit gemeint? Die Strafbehörden müßten dies erkennen, aber sie erscheinen hier im Dilemma zwischen Demonstrationsrecht einerseits und verklausulierter, strafbarer Hetzte (und Aufruf zum Mord) andererseits. Die Politik, die natürlich eine strenge Vorgehensweise wählen könnte, könnte von der Polizei fordern, dass sie Identitäten festhält und die Feinde unserer Verfassung identifiziert. Es ist ein gewisses Rätsel, was die Politik und die Strafverfolger davon abhält, hier nicht viel strikter vorzugehen. Nichtsdestotrotz kommen wir zur Abwägungsfrage: Wenn diese Demonstranten keine Terroristen und Straftäter sind im Sinne des Progroms von 1938, ist es dennoch der Beginn einer gefährlichen neuen Bewegung, die den Rechtsstaat unterlaufen und Antisemitismus fördern? Ich denke, diese Aussage muss man bejahen.
J. Was ist Faschismus und was ist dem Wokismus ähnlich?
Entscheidend für eine wissenschaftliche Beschreibung der faschistischen Bewegung ist, dass sie gar kein ideologisches Konstrukt ist. Das wird viele verblüffen, so sei doch die Führeridee typisch für den Faschismus. Nein, zunächst mal ist der Führerkult eine Ausprägung des Herrschaftssystem, es sagt aber nichts über den Glauben aus, wie die Welt funktioniert. Das ist ganz erstaunlich, denn fast nahezu alle anderen politischen Denkrichtungen beginnen mit einer Ideologie, die auch irgendwo verschriftlicht war. Am bekanntesten bei “DAS KAPITAL” von Karl Marx und dem darauf folgenden “DAS KOMMUNISTISCHE MANIFEST” von Karl Marx und Friedrich Engels. Hier wird klar, warum der Kommunismus als politische Bewegung eine Ideologie sein muss:
Der Kommunismus beginnt mit einer tiefgehenden Analyse der Verhältnisse, d.h. mit der Kritik des Kapitalismus. Es ist die Erkenntnis, welche Prozesse wie die Mehrwerttheorie, die Arbeitsteilung, die Herrschaft des Kapitals, Rolle des Arbeiters und der Institutionen wie die Kirchen, usw. letztlich den Kapitalismus beschreiben. Daran erkennt vor allem Engels einen Motor für soziale Missstände, die bei ihm Mitgefühl auslösen. Marx und Engels entwarfen dann im kommunistischen Manifest eine theoretische Fundation, die Lenin in die Praxis überführte (Herrschaft der Arbeiter, Sozialismus, Kollektivierung des Kapitals, Planwirtschaft, usw.). Das Gegenteil vom Kommunismus ist also eine freiheitliche Gesellschaftsidee, in der eine freiheitliche Marktwirtschaft herrscht, das Gegenteil des Kommunismus. Da würden sich also Konservatismus, Liberalismus oder sogar der Sozialismus in seiner milden, marktwirtschaftlichen Form (Sozialdemokratie) anbieten. Doch historisch erkennen wir, dass der Faschismus auch den Kommunismus zum Gegner hatte. Und das war nicht sein einziger Gegner, genauso ging es mit Frankreich, England und später den USA gegen freiheitliche, marktwirtschaftliche Systeme. Wir sollten den Faschismus also erneut als dass beschreiben, was er ist und dabei die späteren Ausprägungen von Symbolen oder eben dem Führerkult reduzieren auf das, was die Bewegung so anziehend macht. Später wird sich die gleiche Frage im Wokismus stellen, was macht ihn in unserer Zeit für einige, gut situierte junge Menschen an Universitäten so attraktiv? Es hat, dies vorab, viel damit zu tun, dass sie den Niedergang sozialistischer Systeme nicht mehr selbst erlebt haben und ein Gegenmodell zum bestehenden Liberalismus suchen.
Der Faschismus lässt sich sehr gut psychosozial erklären, weil er ideologische Elemente anfänglich gar nicht kannte. Robert O. Paxton beschreibt Faschismus als „Form des politischen Verhaltens“. Dies sei gekennzeichnet „durch eine obsessive Beschäftigung mit dem Niedergang, der Demütigung oder der Opferrolle einer Gemeinschaft sowie durch einen kompensatorischen Kult um Einheit, Stärke und Reinheit.“ Hinzu kommen eine „Massenpartei entschlossener militanter Nationalisten“, die mit traditionellen Eliten zusammenarbeitet und demokratische Freiheiten abschafft. Innere Säuberung und äußere Expansion sollen „mit einer als erlösend verklärten Gewalt erreicht werden“. Übersetzt auf Deutschland und Adolf Hitler ist das sehr gut nachvollziehbar: Typisch für das Gefühl der Deutschen nach dem Diktatfrieden von Versailles war Demütigung und Abstieg. Biographien ergaben keinen Sinn mehr, ein Gefühl der Verbitterung und des Hasses auf die Verhältnisse war überall. Das steigerte sich nochmals durch den Niedergang der Weltwirtschaftskrise 1928. In ganz Deutschland war der Wunsch nach einer Katharsis, einer Erlösung, greifbar. Und auch wenn Hitler anfänglich nur etwas über ⅓ der Stimmen erreichte, so war seine Bewegung bereits vollkommen radikalisiert. In Ihr steigerte sich der Kult um Einheit und Stärke, es ging um nichts weniger als Revanche. Es ist eine männliche Biographie in Gestalt einer Nation: Der Mann versagt, verliert die Arbeit und trinkt. Er sucht Läuterung, beginnt Stärke zu finden und richtet ihn gegen die imaginären Gegner, die ihm all dies angetan hatten. Für Hitler waren das alte Gegner des ersten Weltkrieges, die er verband mit kruden Geschichtstheorien und einem damals prävalenten Rassismus (Rassenideologie). Der Oberschurke, ganz eindeutig, der die Fäden in der Welt zog, war der “ewige Jude”. Hitler spielte seine Rolle des Führers also in einem revanchistischen, chauvinistischen System.
Radikale Gruppen sind für diese Bewegung enorm wichtig. Bei Hitler waren es neben frühen Parteimitgliedern Gruppierungen wie die SA und dann vor allem Himmlers SS, die einen “glühenden Faschismus” in sich trugen. Er war schon vor der Machtübernahme in blindwütiger Straßengewalt gegen andere Bewegungen zu erkennen. Wie auch jede andere Bewegung gibt es immer einen sehr kleinen, überzeugten und aktiven Teil, der die ganze Bewegung antreibt und auch anführt. Diese Überzeugungstäter sind ungemein wichtig dafür, dass eine Bewegung erfolgreich ist. Viele Menschen überschätzen immer die Größe des Kerns, er muß nur Stark in seiner Überzeugung und mit gewisser Macht ausgestattet sein. Die Massengesellschaft selbst lahmt dagegen immer wieder daran, dass es keine hierarchische Struktur gibt, sie stehen wie Schafe auf der Herde und sind sich unschlüssig, welche Richtung wohl die richtige ist. Diese Zweifel aber kennen den Überzeugten nicht, sie gehen voran und zur Not kommt der Herdenhund und beißt zu. So wird die träge Masse in Bewegung gehalten. Angefeuert wird alles von guter Propaganda, wie sie Joseph Goebbels “meisterlich” betrieb. Hier werden Überzeugungen gefestigt, junge Menschen ideologisch geformt und Lügen konsequent verbreitet. Das Endziel ist aber immer “innere Säuberung und äußere Expansion”. Innere Säuberung steht bei Hitler für Eliminierung aller politischen Gegner und Entfernung der jüdischen Bevölkerung. Äußere Expansion ist nichts anderes als Landnahme durch Krieg mit maximaler Entschlossenheit und Radikalität.
Dass Hitler als Person, so unqualifiziert er für ein Regierungsamt eigentlich sein müßte ohne jede Berufsausbildung, liegt nicht an seinem schauspielerischen Rednertalent. Es liegt vor allem daran, dass er ein glaubhafter Verlierer war. Ein Verlierer, der aus dem ersten Weltkrieg mit einer zerstörten Biographie kam. Der gescheiterte Kunstmaler, der ein zweites Mal, jetzt im Krieg, zum Scheitern gebracht wurde. Dabei war er, auch als Kunstmaler, großartig überzeugt von sich selbst gewesen. Wenn so ein Talent scheitert, dann müssen andere Kräfte mitwirken. So war er offen für Verschwörungstheorien, die der Juden war die naheliegendste in seiner Zeit. So vom Schicksal gebeutelt war seine Zeit als Redner die Läuterung, die Säuberung der Gedanken und des Wiederaufstieges. Dennoch waren die Verletzungen aus Kindheit bis jungem Erwachsenalter so groß, dass er Kompensation wollte. Sexuell kannte er diese nicht, also waren es seine Phantasieren von Größe und letztlich Kriegslust. Für Hitler war der Krieg ein bekanntes Terrain, er war überhaupt nicht erschrocken von dem Gedanken, sondern es war für ihn wie eine Rückkehr in bekanntes Terrain – nun aber nicht als Meldegänger, sondern als Führer. All dass ist letztlich verurteilt dazu, an seine expansiven Grenzen zu kommen. Als die ganze Welt sich aufmachte, Hitler den Gar auszumachen, blieb ihm der Kopfschuss im Bunker und eine Zyankali-Kapsel. Der Faschismus mußte scheitern, letztlich auch weil er kein Bild der Zukunft entwickeln konnte. Wann immer man Bilder der Zukunft in Deutschland zeichnete, zitierten die Nazis Griechen, Römer oder Formen eines größenwahnsinnigen Klassizismus. Aber eine eigene Form in dem Sinne konnten sie nicht entwerfen. Auch ein Deutschland ohne Führer war zunächst kaum denkbar, die Ideologie war keine und so kam diese politische Bewegung schnell an Ihre Grenzen.
K. Abgrenzung des Faschismus von der Wokeness
Das Grundgefühl des Faschismus ist eindeutig männlich zu beschreiben. Es geht um Expansion, um Ursupation und Besatzung. Ein dominierendes, mächtiges Gefühl, dem quasi der Missbrauch von Gewalt schon innerlich angelegt ist. Die Person Hitlers personifiziert all diese Züge ideal. Dabei beginnt das Gefühl aus einem Schock heraus: Niederlage, Herabsetzung, Versagen. Es wird die biographische Chance auf ein erfolgreiches Leben geraubt durch einen Diktatfrieden, so die historische Sicht. Man wird klein gemacht, dabei will man doch jemand werden, sich verbreiten und Revanche bekommen. Die Sucht nach Revanche und Vergeltung endet immer im Hass. Der Hass gilt dem Gegner, genauso aber dem Judentum. Versagt man gegenüber dem Gegner, bleibt nur Selbsthass und wie bei Hitler Selbstmord – die Welt kann einfach kein freundliches Gesicht tragen.
Der Wokismus ist davon abgekoppelt. Er ist kein Gefühl des direkten Betroffenseins. Seine Mitglieder und Schüler sind privilegiert, somit ist der Wokismus anders als die Diktatur des Mobs nicht von kleinen Leuten ausgehend, sondern privilegierte Menschen werden Anwälte für Diskriminierte. Die Stellvertreter-Position ist also wie eine Übersprungshandlung Ablenkung von der persönlichen Situation, stattdessen wird das Opfer in einer kartoonhaften Art und Weise gezeichnet. Das reicht dann aus, um beim gleichen Grundgefühl zu landen wie der Faschismus: Vom erdachten Schmerz des Opfers, des Mitgefühls und der Empathie richtet sich der Hass gegen den Täter – den alten, weißen Mann. Es entsteht wie im Faschismus ein Wunsch nach Katharsis und Sublimation. Die Denkrichtung der Kümmernis oder der Anklage ist dabei nie so gewaltätig wie der Faschismus. Dieser ermuntert geradezu zum Stiefeltritt, während der Wokismus eher Angst über die soziale Cancelculture verbreitet. Der Mord erfolgt also nicht im Kampf “Mann gegen Mann”, sondern ist ein “Ausstossen aus der Herde”, was heute wie damals psychisch-emotional einer Hinrichtung nahe kommt.
Einen Höhepunkt in der Denke findet eigentlich in der Perversion menschlichen Lebens statt. Der Faschismus rottete industriell die Juden aus und brachte über 6,5 Millionen Juden um. Dieses geschichtliche Ereignis findet wenig Beispiele und wirkt solitär, auch wenn andere Gewaltexzesse ähnliche Opferzahlen erreichten (bspw. Stalin und der Hungerkrieg, Mao, die Ausrottung der Indianer, Azteken, usw.). Die Perversion liegt hier in der Abschlachtung des Lebens. Das Gegenteil ist die mütterliche Geburt neuen Lebens. Genau hier findet im Existentionalismus eine öhnliche Perversion statt, wenn Frauen sich entschließen keine Kinder mehr in die Welt zu setzen, Ihrer Überzeugung nach um den Planeten (nicht die Menschen) zu retten.
Die Ausprägungen ziehen sich fort, jede einzelne Ausprägung findet dabei Ihr perverses Gegenstück in der anderen Bewegung: Der Faschismus kennt i.d.R. ein Führerprinzip und Gehorsam. Dem Wokismus ist die Stellvertreterdenke wichtig und dass er die sozialen Ungerechtigkeiten besser versteht als die Opfer selbst. Und Täter sind eindeutig zu benennen: Im Wokismus ist es der alte,weiße Mann (Heteoro, Patriarch, dominant, Vater), im Faschismus ist es das Weltjudentum. Der Wokismus ist jedoch definitiv internationaler, denn er breitet sich über Landesgrenzen hinweg aus. Das liegt daran, dass Opfer in jeder Kultur zu finden sind genauso wie Minderheiten. Der Faschismus richtet sich nach innen, ist vom völkischen Denken bestimmt und richtet sich somit an “die Deutschen” oder “die Italiener”.
Der Wokismus ist im Gegensatz zum Faschismus nicht direkt gewalttätig. Es ist aber möglich, dass eine Person durch die Cancel-Erfahrung so ausgegrenzt wurde, dass ihm dann von Trittbrettfahrern Gewalt angetan wird. Dennoch wollen Wokisten die Welt meist in Ihren Gesetzen änderun und haben kein Denksystem, bei dem Krieg eine naheliegende Lösung wäre. Wer nun aber meint, dass Wokismus harmlos ist, verkennt, dass ein so fundiertes System Karrieren beenden kann. Der Ausstoss aus sozialen Verbünden wäre in der Antike noch als viel furchtbarer aufgefasst worden als der leibliche Tod. Nicht zuletzt berichten Menschen, die eine Cancel-Erfahrung durchleben, dass sie eine Art panisches Gefühl wie im Todeskampf erleben. Menschen sind so angelegt, dass sie beim Verlust ihrer Herde eine Art panische Existenzangst verspüren. So wird dann im Wokismus also sanktioniert.
Junge Menschen finden den Wokismus deswegen so attraktiv. eben weil er ein Gegenmodell zum liberalen Marktwirtschaftsystem genauso darstellt wie zur liberalen Demokratie – sind sie quasi allein verantwortlich für die Probleme in der Welt (sozial, Umwelt, etc.) finden Sie darin erklärt und sie erhalten ein Gegenmodell. Es könnte ja eigentlich ausreichen, den Kapitalismus weiter in Richtung Umweltschutz und sozialer Gerechtigkeit (vor allem in USA, England, etc.) zu verbessern, aber wie beim Beginn der kommunistischen Revolution ist das absolute Gegenteil plakativer und überzeugender. Zudem hat die junge Generation nicht erlebt, wie planwirtschaftliche System scheitern, sie halten Staaten für etwas Gutes, weil Liberalismus Ihnen immer gepredigt wurde. Und dieser Liberalismus wird dann mit den negativen Begleiterscheinungen Ihrer Zeit verknüpft. Wer könnte es der jungen Generation verübeln, dass auch sie die Revolution der Verhältnisse will, auch wenn es Ihren eigenen Kampf für die Vorherrschaft in der Gesellschaft hauptsächlich beschreibt und nicht die Veränderung aller Verhältnisse auf Erden.
Wokismus ist ein Irrweg, vor allem aber müssen die Menschen sich vor Augen halten, dass er einen Feind hat: Unsere liberale Demokratie. Das ist die größte Gemeinsamkeit mit dem Faschismus. Der Wokismus stiftet keine Kriege, die auf Ihre schreckliche Art und Weise die Welt entwickeln. Der Wokismus trägt dazu bei, dass alles gelähmt wird, dass wir keine Debatten mehr haben. Supersensibel kürzen wir alle Debatten ab, weil sich Menschen angeblich verletzt fühlen. Wir tun nichts, was uns nicht PC erscheint. Wir bauen die Unterschiede auf statt das gemeinsame zu suchen, wir bauen eine zerklüftete Welt in unseren Geist ein. Wokismus ist eine Behinderung der natürlichen Evolution. Wokismus macht die drängenden und großen Probleme der Welt nicht kleiner, sondern viel größer. Es steht zwar noch aus, ob es dazu kommen wird, aber ich befürchte, dass wenn wir möglichst lange uns noch vom Wokismus lähmen lassen, derart viel unter Spannung gerät, dass die ganze Welt nach einer schlimmen Entladung sucht. Einfach weil es nicht mehr aushaltbar sein wird. Die moralischen Vorträge dieser Gruppe, sie werden von der Mehrheit vermutlich in einer wütenden Gegenreaktion getilgt werden.
L. Fazit zum Wokismus
Auch wenn ich überzeugt bin, dass der Wokismus eine Theorie aus der Hölle ist, so dürfen wir nicht verkennen, dass die vielen Menschen, die ihn tragen, Opfer der Umstände unserer Zeit sind. Dass wir eine “Housing Crisis” haben, dass lässt sich ändern: Die Ausweisung von Baugebieten und Änderung von Bauvorschriften ist möglich. Die Rettung der Umwelt ist auch möglich, aber nicht wenn sie totalitär und ideologisch gedacht wird, denn da gehen Menschen nicht mit. Dass Frauen Berufe wählen, die Ihnen schlechtere Perspektiven bieten, ist auch kein Naturgesetz. Dass Frauen Rechte bekommen, die sie dem Mann gleichstellen bedeutet nicht, dass das Muttersein ein Fehler ist. Es muss aber keine kämpfende Feministin einer Mutter erklären, dass Frauenrechte und Karriere vor dem Kind gehen, auch das führt zu einer falschen Bilanz im Leben. Eine Frau kann beruflich und auch als Mutter etwas erreichen – Männer sind da erstmal auf den Beruf alleine zurückgeworfen, denn Vater sein ist nicht wirklich das Gleiche, auch wenn sich einige Männer zu Müttern mit Penis vergewohltätigen lassen. Auf all diese sozialen Probleme gibt es konstruktive Antworten. Solange die Gesellschaft diese Antworten nicht gibt, ist der Wokismus die Ersatzbefriedigung, mit dem “Gerechtigkeit auch mit totalitärer Gewalt” erreicht werden soll. Aber er liefert keine Antworten auf die Fragen, er verschiebt sogar die Lösung der Probleme und zerstört fast nebenbei die Demokratie. Handeln müssen die Menschen schon selbst, wir können uns die Lösungen nicht online bestellen und liefern lassen.
Der Wokismus gibt eine falsche Einladung. Menschen, die nach Gerechtigkeit suchen, sind eingeladen, an Inklusion und Diversität teilzunehmen. Sobald sie teilnehmen, werden sie aber belehrt, dass sie mit Ihrem Sprachgebrauch niemand verletzen. Plötzlich erkennen Sie, dass dies ein Trick ist, Ihnen Ihre Rechte zu nehmen. Eine Welt der Ungerechtigkeit wird abgelöst durch eine Welt, wo die, die früher benachteiligt wurde, jetzt die anderen benachteiligen. Und weil diese Gruppe nicht die Mehrheit stellt, geht dies nur, indem unsere liberale Demokratie zerstört wird. Das sollte uns zu denken geben, denn wer hat überhaupt Minderheiten Rechte ermöglicht und Ihre Rechte über die letzten Jahrzehnte immer mehr verbessert? Die liberale Demokratie. Wenn wir diese zerstören, verlieren wir alles.
“Ich muß das Böse in mir entdecken” (Bruno Ganz, wie er versuchte Hitler zu spielen).
“Du bist Böse und um dir die Täterschaft zu zeigen, werde ich böse! Du bist nicht woke!”
Weitere Quellen:
Operation DEI – Wokeness in den USA https://www.welt.de/debatte/kommentare/plus248541626/Wokeness-in-den-USA-Operation-DEI-Die-Ideologie-die-fuer-das-Land-lebensgefaehrlich-wird.html
Greg Lukianoff über Cancel Culture und Deplattforming bei Lex Fridman https://www.youtube.com/watch?v=buarAx_u2qg
John Cleese – Wie aus Political Correctness etwas von Orwellschen Ausmaßen kommen kann https://www.youtube.com/watch?v=ukisoucFIk4
John Cleese – Wokeness https://youtu.be/ukisoucFIk4?si=cyaQoKbrGQmb8Mh6
John Cleese about Political Incorrectness (Bill Maher) https://www.youtube.com/watch?v=qCj6YNIpqmA