Das Meisterwerk von Zurburan im Prado: Es zeigt ein Opferlamm. Eine breite symbolische Tradition macht Schafe zum Gegenstand der alten Kunst und Kultur; die Kirche benutzt die Metapher Hirt und Herde für Pastor und Gemeinde. Zurburan meint mit dem Opferlamm bildlich übertragen aber auch Jesus Christus, der für die Menschheit an Ostern geopfert wird.
Im Volksmund gilt das Schaf häufig als Inbegriff der Feigheit oder Dummheit, und es folgen auch Gelehrte häufig dieser Einschätzung. So urteilte der berühmte Zoologe Dr. Alfred Brehm, Autor des zoologischen Standardwerks „Brehms Tierleben“ über das Schaf: „Seine Furchtsamkeit ist lächerlich, seine Feigheit erbärmlich. Jedes unbekannte Geräusch macht die Herde stutzig, Blitz und Donner und Sturm und Unwetter überhaupt bringen sie gänzlich aus der Fassung“.
Ja, vorsichtig mögen sie sein. Das alleine macht sie aber nicht dumm, denn das Gegenteil ist der Fall. Im April 2006 findet sich in der wissenschaftlichen britischen Fachzeitschrift New Scientist (Nr. 2549, S. 19) ein Forschungsbericht, dass bereits Lämmer unterscheiden lernen, welche pflanzlichen Futterbestandteile ihnen gut tun. Im Experiment hatten Zoologen um Juan Villalba von der Utah State Universität zunächst Substanzen ins Futter gemischt, die bei den Tieren leichtes Unwohlsein erzeugten. Anschließend verschafften sie den Jungtieren Abhilfe, indem sie ihnen das nötige Medikament verabreichten. Wenig später erhielten die Schafe dann im Futter erneut die auslösenden Substanzen in geringer, aber riechbarer Konzentration untergemischt und alle drei zuvor verwendeten Arzneimittel zur diesmal eigenen Auswahl angeboten. Die Vorliebe für das „passende“ Medikament war jeweils signifikant ausgeprägt. Und bei Wiederholungen ließ sich das Erlernte auch noch mindestens fünf Monate lang als im Langzeitgedächtnis verankert und verhaltensbestimmend nachweisen.
„Wenn mit dumm die Unfähigkeit gemeint ist, aus Erfahrungen zu lernen, dann sind Schafe in keiner Weise dumm.“
Schafe sind auch durchaus in der Lage, auf verändernde Umwelteinflüsse „zweckmäßig“ zu reagieren. Zum Beispiel bei intensiver Sonneneinstrahlung: Sie stellen sich, wenn sonst keine Möglichkeit zum Unterstellen vorhanden ist, in einem engen Kreis auf. Hierbei befinden sich die Köpfe der Schafe im Innern des Kreises; die Schafe senken ihre Köpfe dann zwischen ihre Vorderbeine, um sie der intensiven Sonneneinstrahlung zu entziehen. Dabei reduzieren sie ihre Atmung, weil zugleich ihre Aktivität herabgesetzt wird.
Ist ja auch kein Wunder, daß Schafe ängstlich sind: Womit sollten Sie sich wehren können? Ihr Vorfahren, die Mufflons, hatten noch große Hörner. Als die Menschen ihnen diese wegzüchteten, gaben Sie ihnen kein Ersatz. Da muß man ja vorsichtig werden. So sind die Menschen: Erst verändern sie die Natur der Dinge, dann spotten Sie über sie. So verspotteten Sie ja auch in der Bibel den Nazarener, der ebenfalls ein Schaf war, nämlich das österliche Opferlamm. Wer er also auch dumm? Sicher war er nicht vorsichtig.