Das Ende der bildungsbedachten, klassengrenzenfreien Utopie vom amerikanischen Campus verkündet Thomas Frank. Zuallererst sind 60 000 Dollar für jedes Studienjahr hinzublättern, dann türmt sich ein Schuldenberg auf, praktisch unbezwingbar in einer Wüste ohne entsprechend steile Karrierepfade. „Man hat uns drangekriegt.” Heutzutage orientiert sich die Bildungsindustrie an Vorgaben, die sich von den gewinnmaximierenden Operationen der Wall Street nicht mehr unterscheiden. Der „charmant naive amerikanische Student” entpuppt sich als Melkkuh in einem universitären Augiasstall, in dem Verwalter und die Industriekapitäne, die in den Leitungsgremien den Ton angeben, gemeinsame Sache machen.
Bildung als Aufstiegsvehikel? Aus der Traum: „Unsere Generation ist die Generation, die einfach dastand und zusah, wie ein paar Parasiten und Milliardäre zu ihrem privaten Nutzen alles in Trümmer legten.“ Frank weiß sich keinen anderen Rat, als den Blick seiner studierenden Landsleute ins Ausland zu lenken, nach Deutschland zum Beispiel. Yes, Germany! Nicht trotz, sondern wegen Harvard, Stanford & Co. Doch, so hört seine Geschichte wirklich auf.
Also auf nach Deutschland? Ohnehin tauscht die kreative Klasse New York gern gegen Berlin ein, zumindest vorübergehend. Aber vielleicht nicht mehr lang. Quinn Slobodian und Michelle Sterling wollen miterlebt haben, wie Hipster, Expats, Yummies und Smartphones eine Stadt ruinierten. Die Stadt ist Berlin. Das Paradies einer globalen Boheme hat sich in Slobodians und Sterlings Geschichte verkehrt in eine Stadt, in der „imaginative Ausdrucksweisen“ direkt oder indirekt einem großen Komplott zuarbeiten, das darauf abzielt, einige wenige Leute reich zu machen.
Vom Hipster heißt es Abschied zu nehmen, der geschäftsfördernd ersetzt wird vom Yummie, welcher nicht bloß „young, urban, mobile“ ist, vielmehr als eine Art Konsumhipster spontane Shoppingtouren unternimmt, Trends folgt und setzt und dank seines Smartphones nichts verpasst. Toytown Berlin muss sich rentieren, wird monetarisiert. Die im Dunkeln bleiben im Dunkeln, die im Lichte im Lichte, und der Abstand zwischen ihnen wird immer größer. Um das zu erfahren, braucht freilich kein Amerikaner nach Berlin zu reisen.
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Der „Baffler“, ein Magazin, in dem zu lesen ist: „Keine Praktikanten wurden bei der Herstellung dieses ,Baffler’ benutzt.“ Oder: „Sie können darauf bauen, dass der ,Baffler’ No. 23 die computerisierten Sprüche und trendigen Quatschereien attackiert, die von den erlauchtesten Akademikern, Unternehmern und Politikern des Landes als tiefstes Denken ausgegeben werden.“ Oder auch: „Indem wir den Karneval des amerikanischen Lebens im vollen Licht festhalten, bieten wir Freundschaft im Zeichen des guten Geschmacks, der Offenheit, des Humors und der Ironie – ein Asyl, könnte man sagen, vom digitalen Humbug.“ Das aber wird einem wahrlich nicht alle Tage geboten.”
Auszug aus: F.A.Z., Jordan Meijas,
“Wider den amerikanischen Humbug.”