„Je veux que le dimanche chaque paysan ait son poulet au pot“ („Jeder Bauer soll sonntags sein Huhn im Topf haben“)
Heinrich, der IV.
Liebes Huhn, verehrtes Poulet,
schön bist Du! 1,8 Kilogramm Vitalität, kräftig gebaut, nicht zu fett, nicht zu mager. Unversehrt, kein Haar wurde Dir unnötig gekrümmt! Ein Freilandhuhn, nennst Dich gar Proethika. Heute nahm ich Dich aus dem Kühlschrank, 12,-€ teuer und Dein Leben lang bist Du nicht unnötig gequält worden, hattest ein gutes Leben. Ich habe ein reines Gewissen, Dein Tod hat ein Sinn genauso wie Dein Leben! Irgendwo in Niedersachsen hast Du Körner gepickt. Doch durch uns wurde Dein Tod dann doch sinnlos. Was für eine Schande!
Als wir Dich aus der Kühltruhe nahmen, pickste Heidi glucksig Löcher in Deine Fokienverpackung. Rasch machten sich Bakterien breit. Anfangs kein Problem, doch als der Kochzeitpunkt sich durch Reisen um ein paar Tage verschob, machte sich eine Bakterienarmada ohne Gleichen breit. Papa wusch das Huhn, doch der Gestank war nicht zu tilgen. Glibberig die Haut, soviele Bakterien mußten es schon sein. Erneute Versuche, vielleicht Coq au Vin? Alle Baktieren zu Tode schmorren? Enorme Hitze im Backofen verwenden oder besser grillen? Der Gedanke an Bauchweh und kalten Schweiss formte den traurigen Entschluss. Die hohen Kosten schlechter Küchenhygiene besiegelten Dein Schicksal, mein liebes Huhn. Du landest im Abfall. Restmüll. Es tut dem Papa leid. Der Heidi tut es auch leid. Was für eine Schande. Ich schäme mich. Heidi auch. Kurzer Gedanke an den Hund der Nachbarin. Dessen Gesundheit vor Augen diesen Gedanken ebenfalls in den Mülleimer geworfen.
Was für ein trauriges Ende. Möge dieser Post dem Huhn ein Andenken sein.