Der Herbst ist unzweifelbar in Deutschland angekommen und herbstliches Gemüse kommt in die Märkte. Also erfreuen wir uns daran, was uns der Sommer so hinterlassen hat: Gurken! Kürbisse! Und zwar in Kombination!
Gurken werden wegen Ihres Spiels aus knackiger Textur und Aromen von Süsse und Säure geliebt. Dabei kommt das Aroma gar nicht aus der Gurke, sondern der Melange aus Essig, Zucker und anderen Zutaten, in denen Gurken eingemacht werden. Ganz überraschend und für mich ein echter Hit ist die Kombination von einer cremigen, leicht scharfen Kürbissuppe mit einem kräftigen Vanille-Aroma. Und um die Kombination perfekt zu machen, werden die beiden völlig unterschiedlichen Texturen von Suppe und Gurke mit einem sehr außergewöhnlichen Tier verbunden: Dem Aal, hier in seiner japanischen Form als Unagi-Aal. Der ist zart, salzig und butterweich und macht hieraus ein sehr edles Herbstgericht.
Kürbissuppe mit Vanille
Kauft Euch einen schicken Hokkaido-, Muskat- oder Butternusskürbis. Keinen riesiggroßen deutschen Landkürbis, der passt aromatisch eher weniger zu dieser Zubereitung. Gebt den ganzen, zerkleinerten Kürbis in den Topf und gießt ihn mit Gemüsebrühe so auf, dass alles bedeckt ist. Jetzt aufkochen und dann bitte NUR ziehen lassen, nicht zu stark kochen. Sonst geht zuviel Aroma kaputt. Also gut ziehen lassen für ca. 20 Minuten.
Apropos Schälen: die Schale beim Hokkaido oder Muskatkürbis dürft ihr sogar dranlassen, denn sie löst sich wie von Zauberhand im Topf auf. Hier könnt Ihr Eure Bedenken zur Seite wischen, dass die Kürbis gespritzt oder gewachst ist – alles ist mit dem Kochen kaputt gegangen und schadet Eurer Leber nicht mehr. Aber eins bitte in dem Zerhackfurioso nicht wegschmeißen: Die Kerne, die Kerne! Ja, nicht wegtun, nein, ihr werdet die Kerne bitteschön in der Suppe lassen. Denn auch die geben ein schönes Aroma ab. Nutzt auch ein paar geröstete, dunkle Kürbiskerne von Salatmischungen, wenn ihr die habt. Einfach mit in die Flüssigkeit geben! Jedoch nutzt einen Beutel, Sieb o.ä. so dass ihr kurz vor dem nächsten Schritt, dem Mixen, die Kerne auch wieder entfernen könnt. Denn mixen dürft Ihr die Kerne auf keinen Fall, dann schmeckt alles leider holzig und fad.
Fügt nun Ingwer und Knoblauch hinzu, am besten kleingeschnitten. Auf Schönheit kommt es beim zerkleinern von beiden Knollen nicht an, denn wenn das alles kurz durchgezogen ist, kommt Kollege Mixer ins Spiel. Pürierstab geht auch, irgendwas halt zum kleinmachen. Wenn Euer Mixer nicht gut ist, dann müßt ihr die Suppe nochmal durch ein Sieb passieren, denn Bröckchen schmecken nicht so toll in der Suppe. Einfach schon mal probieren, ob die Konsistenz okay ist. Wenn es zu wässerig ist, dann kocht die Suppe noch etwas ein. Ich wehre mich etwas mit genauen Mengenangaben zu arbeiten – einerseits stimmt das nie, weil jeder Kürbis anders Flüssigkeit abgibt und so lernt man auch einfach besser, nach Gefühl und vor allem Geschmack zu kochen. Andererseits sind wir ja Männer und keine Weiber ;-) Kleiner Witz, aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass die Frauen eher dazu neigen, wie bei Backrezepten alles abzuwiegen während Männer drauf los schießen. Am Ende macht es wohl die Erfahrung und die Frauen haben zumindest mit Ihrer Vorgehensweise selten Fehler fabriziert. Ich würde aber sagen, wir alle sollten lernen so zu kochen, dass die Zusammensetzung schmeckt. Und das bedeutet auch, die Zunge beim Kochen immer wieder einzusetzen. Apropos Zunge: Jetzt geht es an die Aromatisierung der schon kräftigen Kürbissuppe. Geht hier Schritt für Schritt vor und haut nicht gleich alle Gewürze in einen Topf. Immer ein Gewürz hinzugeben, schmecken und sich fragen: Wäre mehr jetzt besser oder schlechter? Das ist wirkliche Kochintelligenz! Alles andere ist sklavische Servilität vor dem Rezept.
Zur Aromatisierung benutze ich eine Curry-Gewürzmischung, die in Indien Ihren Ursprung haben. Es gibt Millionen Varianten davon und ich möchte eigentlich nicht eine spezielle bewerben, tue es aber dann doch: die Standard “Indische Currymischung” oder “Maharadscha-Currymischung” unter dem Schuhbeck-Label ist halt nicht schlecht. Es gibt bessere, teurer oder billiger, aber die taugt halt was und ist gut zu kriegen. Dann braucht Ihr als nächstes etwas roten Cayennepfeffer. Probiert jetzt ruhig und passt auf, dass Euch das nicht alles zu scharf wird. Je mehr man von der Suppe isst, umso schärfer wird es sowieso! Kurz vor der Schmerzgrenze kommen nämlich unsere beliebtesten Cremigmacher und Aromaverstärker hinzu: Butter und Sahne! Gebt ca. ⅛ an Flüssigkeit hinzu und zwar in Form von leckerer, vollfetter Sahne! Bloss nicht irgendeine fettreduzierte, das wird sich bitter rächen, die haben immer einen komischen Nebengeschmack durch Ihre Hocherhitzung. Normale, gute Kuhbutter gebt bitte einfach nach Wunsch hinzu – für die einen reicht ein kleines bisschen, die anderen wollen sie dick und cremig. Je mehr Butter drin ist, desto besser sättigt die Suppe, ist ja klar. Und wenn die Suppe ziemlich fett ist, wird auch in der Regel wenig davon gegessen, um satt zu werden. Arjuvedisch wäre, wenig Butter zu nehmen, denn dann bekommt ihr besonders viel Flüssigkeit in den Körper. Do it as it pleases you!
So, jetzt aber das Allerwichtigste: Ihr braucht eine Vanille-Schote und ich kann es nicht oft genug sagen: Kauft bitte nur eine Variante und zwar die Tahiti-Vanille. There is nothing better on the planet! Die Vanille aus Tahiti könnt ihr tatsächlich mehrfach verwenden und nur sie gibt einfach das richtig schön harmonisierende Aroma ab, dass wir uns wünschen. Wenn ihr die einfacheren Schoten fürs Backen kauft, werdet ihr den Unterschied sicher merken – es kommt einfach wenig Aroma von diesen billigeren Schoten rüber. Die Schote kommt übrigens als Ganzes rein und wird bei niedriger Hitze etwas miterwärmt. Sobald ihr genügend Aroma riecht und schmeckt, entfernt ihr die Schote. Einfach mit Küchenpapier abputzen und wieder verwenden, so eine tolle Pflanze kann man 5x oder mehr gebrauchen, wenn man sie nicht (Fehler!!!) mit dem Messer öffnet.
Fehlt noch das letzte Geschmacks-i-Tüpfelchen: Salz. Das habe ich ganz bewußt bis zuletzt weggelassen, denn das Aroma lässt sich so am besten justieren. Gerade das kräftige Currypulver wird vom Salz sonst überspielt und verdrängt, wir aber wollen ja, dass am Ende alles zusammen passt wie ein gelungener Sensorik-Akkord, würde Dollase sagen.
Damit ist die Suppe als Hauptkomponente des Gerichtes fertig – bis hierhin könnt ihr alles super vorbereiten. Macht die Suppe auch gerne einen Tag vorher, denn sie lässt sich super aufbewahren. Wenn ihr was übrig haltet, könnt ihr noch ein paar Tage davon essen, kein Problem.
Der Aal und die Gurke
Wenn nun die Suppe serviert werden soll, wärmt sie nochmal langsam und vorsichtig an. Als Verfeinerung haben wir nun die beiden Komponenten Gurke und Unagi-Aal. Was ist den Unagi-Aal?
Nun, diese japanische Spezialität wird auch Freunden von geräuchertem Aal sehr gefallen: Der Aal wird der Länge nach aufgeschnitten und über Holzkohle aus Eichenholz sanft gegrillt. Danach gedünstet, um dem Fisch einen Teil seines hohen Fettgehaltes zu entziehen. Am Ende wird er mit einer speziellen, süßen, braunen Soße, einer Art Teriyaki-Soße, mariniert und ein zweites Mal gegrillt. Der Vorgang kann mehrfach wiederholt werden, es gibt viele individuelle Rezepte. Weil das ein sehr aufwändiges Verfahren ist, habe ich mir allerdings die Zubereitung des Aals von Profis abnehmen lassen. Ihr bekommt den entweder in einem guten Sushi-Laden, bei Versendern oder natürlich in sehr gut sortiertem Gastronomiehandel oder Asia-Shops. Wenn Euch das zu aufwendig ist, dann gibt es aber eine einfache Alternative, die ich auch sehr cool finde: Kauft geräucherten Fisch, Makrele oder Forelle. In so guter Qualität, dass ihr ihn natürlich auch direkt verzehren würdet. Und nutzt dann ein Gerät, dass viele Köche nicht mögen: Die Mikrowelle. Wenn ihr die Forelle nur kurz warm macht, steigen die Raucharomen wie von Zauberhand auf und ergänzen sich ebenso gut zu diesem Gericht.
Ein Wort zu Gurken verliere ich nicht noch weiter, jeder hat ja da seine Lieblingsgurke. Ich finde für dieses Gericht aber wichtig, dass sie in einem Verhältnis zur Suppe steht und damit darf sie nicht zu dick auftragen. Nehmt lieber die kleinen Cornichons, das ist doch die feinere Variante als die dicken Eumel von Oma Heidemarie.
Anrichtung
Meine Anrichtung hat riesige Teller benutzt. Das muss gar nicht sein, genauso kann man auch Gläser dafür nehmen. In letzterem Fall bietet sich hier natürlich ein Showact an. Ihr könnt noch Espuma machen und diesen mit Stickstoff aufbrezzeln. Ich habe das hier angedeutet in meiner Suppe, geschmacklich bringt es ehrlich gesagt viel weniger, als wenn ihr hingehen würdet und die Suppe kurz vorher nochmal kräftig mit Luft untermixt – wenn viel Luft dran ist, wird die Suppe noch aromatischer, aber auch schärfer.
Ich empfehle als letztes noch ein paar Kresseblättchen zur Veredelung und Abrundung aufzutragen. Da wir ja Sushi quasi unterjubeln, könnt ihr auch eine weitere, eingelegte Leckerei zur Neutralisierung anbieten. Gepickelten Ingwer (eingelegter Baby-Ingwer).
Bon Appetit!
P.S. Das ist eine super kindertaugliche Suppe, sagt Heidi – also unbedingt die Kleinsten mitverwöhnen!