Wer es nicht gleich geschnallt hat, dieser Titel ist ein Witz! Es gibt in Köln nur wenige Kochblogs und weltweit interessiert sich dafür kaum ein Mensch! Mein Blog hat täglich so zwischen 1000-2000 Besucher, aber davon sind auch einige Roboter und ziemlich viele Frauen, die mir nachstellen. Da die hier wenig Nacktbilder von mir finden, müssen Sie halt Rezepte lesen. Im Ernst: Ich wollte mal ein anderes Thema aufgreifen, nämlich die Foodblog-Mania und die Vermarktung. Es ist fast schon absurd, wieviele Blogs es gibt und mit wieviel Liebe sie gemacht werden. Früher ging es schlicht darum, zu kommunizieren und mit anderen Koch- und Genußverrückten in Kontakt zu kommen. Heute suchen die ganzen vielen Autoren auch noch etwas anderes, zumindest einige: Ruhm und Aufmerksamkeit.
Letzteres ist in unserer Gesellschaft kein Wunder, bei all dem Stress und der Nichtbeachtung würde man auch gerne zumindest ein kleiner Star sein, der nie allein und vor allem stets bewundert wird. Eitelkeit ist zwar keine Zier, doch es geht nicht ohne ihr. Und wo dass im Spiel ist, ist Geld nicht weit. Leider in seiner übelsten Form. Die Lebensmittelindustrie und Werbeagenturen haben längst entdeckt, dass ein Foodblogger oder auch Foodie noch etwas anderes ist: Ein “authentisches” Medium, ein glaubwürdiger Kontakt, der natürlich nur das empfiehlt, was gut ist. Leider, leider, leider passiert aber schon lange etwas anderes. Die großen Foodblogger bekommen nicht nur Produktproben, sie werden geradezu überschüttet mit Einladungen für Events, Postings, Kongresse und sonstige Veranstaltungen. Immer dienen Sie als trojanisches Pferd für Tütensuppen und billiges Bier. Oder sonstwas, was halt lieblos gemacht wird mit extrem viel Umsatz und am besten hohen Gewinnen. Das ist übrigens keine Erscheinung der Foodbloggingszene, sondern Agenturen haben sich viel überlegt, wie sie unsere Köpfe noch besser verdrehen können. Beispielsweise werden heute die besten Köche der Welt auf der sogenannten Pellegrino Liste World TOP 50 geführt. Pellegrino ist eine Nestlé Tochter und wen wundert es da, dass vor allem Molekularköche, die die Zubereitungsvariationen der Lebensmittelchemie imitieren und variieren, hier besonders gut weggekommen. Wer authentisch mit lokalen Produkten kocht, ist unverleugnenbar zwar vielleicht auch genial, aber nicht ganz so interessant wie es Redzepi und vielleicht Ferran Adria waren. Nein, ich möchte hier nicht diese Köche beschimpfen, sondern nur aufzeigen, wie sich hier wirtschaftliche Interessen und Spitzenküche fruchtbar austauschen, damit mehr Convenience-Produkte in den Markt und die Kantinen kommen.
Foodblogger sollte man einfach mal mit den Fashion-Bloggern vergleichen. Es war mal ein Hobby, ein Zeitvertreib, besonders schick gekleidete Menschen zu fotografieren, zu kommentieren oder sich selbst darzustellen. Irgendwann versuchte man Werbung dort zu platzieren und dann platzte der Knoten: Was, wenn man direkt die Mode den Bloggern zur Verfügung stellt, wenn sie die anpreisen und Ihren besten Freunden via Facebook und Instagram empfehlen? Direkt verlinkt mit Zalando, Topshop und Co? Natürlich wurden aus diesen privaten Projekten in wenigen Fällen gleich professionelle PR-Abteilungen (Chiara & Co), die wohlkalkuliert posten und schlichtweg Ihren Lesern versuchen ihren Stil als den eigenen unterzujubeln. Leider, leider geht es bei den Topbloggern aber nicht um objektive oder subjektive Information, sondern schlicht Kommerz. Genau das ist bei einigen Top-Foodbloggern auch passiert. Hier und da eine Anzeige, dann wird auf Produkte verwiesen, mit denen das Rezept gelingsicher wird – diese Beeinflussung ist super subtil und gerade wer nicht besonders viel Medienkompetenz hat, wird das für glaubwürdige Information eines “virtuellen Freundes” halten.
Mittlerweile ist die bittere Mitteilung, dass übrigens nicht nur ganz wenige Fashionblogger Geld erhalten, sondern noch weniger Foodblogger von Ihrem Blog leben können – ist eigentlich völliger Quatsch, denn man dient wie gesagt nur als billiger Vervielfältiger, als kostenloser Schreiberling. Denn die Journalisten vom Feinschschmecker, von Essen & Trinken und Co kriegen für die gute Arbeit teure Anzeigen – ein kleiner Foodblogger ist mit Aufmerksamkeit natürlich leicht zu motivieren.
Ich möchte übrigens mitteilen, dass ich auf der kommerziellen Schiene total versage und hier gar nix bewerbe, außer das, was ich selber nutze. Und ich hab weder etwas geschenkt gekriegt, noch kriege ich Geld dafür. Weil ich einerseits keine Ahnung habe, wie ich Nestlé (darunter mach ich es nicht) auf mich aufmerksam gemacht kriege und zweitens, dass jeder, der lesen kann, weiß, dass ich eine Abneigung gegen Tütensuppen habe. Wenn also Mephistopheles mich nicht eines besseren überzeugt, werde ich weiterhin echte Hühnersuppe machen, dafür umsonst schreiben und eventuell damit die Welt um ein paar echte Kochrezepte reicher machen. Denn das ist Kultur – jeder kann zu Kultur und dem Weltwissen etwas beitragen – ganz kostenlos, wenn er es denn kann.