Essen ist ein Hochgenuss, Kochen auch. Aber es gibt viele Formen von kulturellem Genuß, der die Sinne und den Geist streichelt: Musik, Literatur und für mich vor allem auch die reine Kunst. Kunst sehe ich als besondere Erweiterung von Genuß, weil sie den Geist erreicht und nicht körperlich ist. Das macht sie so besonders, aber auch weniger greifbar. Ich selber habe ab und zu auch den Pinsel geschwungen, aber ich bin da einfach nicht so entwickelt wie vielleicht als Ökonom oder Koch, wo ich seit längeren in die “Lehre” gehe. Lernen, Erfahrung, Übung und natürlich auch Talent kann man nunmal nicht kopieren wie ein Computerdatei, gerade Künstler leben schlicht ihr ganzes Leben in die Waagschale für das eigene Werk, wie es vielleicht nur Selbständige oder Unternehmer Zu meinen bevorzugten Künstlern gehört u.a. Alexander Gorlizki, den ich seit ein paar Jahren sammele. Jüngst konnte ich 3 neue Werke zur kleinen Sammlung hinzufügen, darunter das Werk “Time to Think” von 2013, dass ich über die Galerie Martin Kudlek erwerben konnte. Martin kenne ich schon ziemlich lange und er hat nicht nur fabelhafte Künstler an Bord, sondern es macht Spaß sich mit ihm über Gott und die Welt zu unterhalten und nicht zuletzt über das gemeinsame Hobby Kochen und Genießen.
Sammeln von Kunst klingt erstmal nach einer besonderen Art von Konsum. Landläufig wird das als “besonders teuer” erachtet und bleibt vielen verschlossen. Letztlich sind die Sammler aber für die Entwicklung der Kunst genauso wichtig wie der Künstler oder der Galerist. Wenn ein Künstler keine Rezeption hat, wenn seine Bilder sich nicht verkaufen und er schlichtweg davon nicht leben kann, so wird er Schwierigkeiten haben, seine künstlerische Arbeit auszuleben. Auch ist es so, dass genauso wie Künstler eine bestimmte Nische im Schaffen haben, so entdecken manche Sammler ihre Nische, weil sie im Künstler so eine Art “Seelenverwandten” entdecken. Sie lieben den Künstler für seine Arbeit – sei es intellektuell, sei es seine handwerkliche Perfektion, seine Art die Welt zu sehen, sein Humor, was auch immer. Die Verbindung von Sammler, Künstler und Galerist lässt bestimmte Kunstformen groß werden – manche entstehen, werden dadurch vielleicht auch populär – aber ohne den Sammler geht es genauso wenig wie den Künstler. Natürlich braucht ein Künstler nicht nur einen Sammler, am besten hat er gleich mehrere, verbundene Sammler, die immer mal wieder etwas erwerben. Das “streut” das Werk des Künstlers besser, dass hilft auch mehr der wirtschaftlichen Kontinuität. Arg schlimm dagegen, wenn das Interesse der Kunst durch “schwache” Sammler entsteht. Eine ziemlich unglückliche Form ist diejenige, wo vielleicht finanziell extrem potente Sammler Kunstwerke wie Prestigeobjekte erwerben, ohne den inneren Wert zu erkennen. Das ist deswegen so schade, weil diese Art von Jägerei einen großen Platz in der Kunstwelt eingenommen hat und manche Künstler nach oben kommen, die eigentlich fast nichts mitzuteilen haben. Die Themen von Damien Hirst beispielsweise (Vanitas,Tod) sind uralt und er hat in diesem Bereich eigentlich weniger innoviert, als es die PR glauben mag. Trotzdem ist dieses Werk leicht zugänglich, weil es auch nicht sonderlich tief ist und mancher Finanzplatz in der Welt hat einige Sammler angezogen, die einen ziemlich oberflächlichen Kunstaspekt eine enorme Popularität gegeben haben. In den Medien tauchen große Preise auf, statt sich zu fragen, ob das Werk Bestand haben wird und uns auch noch im nächsten Jahrtausend mit uns selbst wird beschäftigen lassen. Kein gutes Kunstwerk ist direkt zugänglich. Da ist Kunst wie anspruchsvolles Kochen: Eine Gänseleberterrine schmeckt nicht sofort – sie wird vom Kenner geschätzt, weil sich der feine Geschmack über die Zeit fest gesetzt hat und sozusagen wie ein gehaltvoller Wein reifen kann. Wenn aber die Substanz des Werkes fehlt, dann kann dort schlicht nichts reifen. Bei Alexander Gorlizki habe ich da keine Sorge, er wird wohl kaum von Hedgefond-Managern wie eine Trophäe gejagt (was für mich also sicher keine exorbitante Wertentwicklung meiner Sammlung zur Folge haben wird), aber sein Werk wird Bestand haben. Nicht zuletzt erfährt er dadurch von denjenigen Bewunderung, die selber extrem intensiv an Ihrem künstlerischen Ausdruck feilen – nämlich andere Künstler.
Eine anfängliche Interpretation und Entschlüsselung von Gorlizkis Werk habe ich schon einmal geliefert (Robert Mapplethorpe and the Giraffe), wer mag, kann sich da gerne einlesen. Ansonsten reicht es völlig aus, sich das Werk anzusehen und die vielen kuriosen Details zu bewundern. Gorlizkis Arbeiten werden in Miniaturmalerei angefertigt, live ist es kaum zu glauben, dass diese Bilder von der Hand gefertigt sind. So können also auch Menschen, denen moderne Kunst völlig fremd ist, sich schon mal für die rein handwerklichen Aspekte begeistern. Vielleicht erlangt man später den Zugang dazu, was aber hinter diesen Werken steht an moderner, zeitgenössischer Konzeption. Alexanders Bilder sind intellektuell, humorvoll, teils bitterböse oder auch sexualisiert wie alte alte Höllenzeichnungen. Es gibt viele Möglichkeiten, Zugang zu Ihnen zu erlangen, das entscheidende aber an dem Werk ist, dass es sich dem klassischen, vor allem westlichen Narrativ unserer Weltgeschichte verweigert und einen individuellen, erwachsenen Zugang zur Welt ermöglicht. Man erzeugt somit so eine Art eigenen Narrativ, der frei von Klischees, frei von Stereotypen und frei von einer autoritär auferlegten Weltsicht ist. Bilder von Alexander sind Werke extremer persönlicher Freiheit – Ihr Schaffensprozess, seine Verbindung vieler Kulturen, der Humor, die Ironie. Alexander kennt sich in vielen Kulturen gut aus, er ist jüdischer Herkunft und wenn ich das mal so stereotyp sagen darf, daraus hat sich auch ein besonderer Zugang und eine besondere Perspektive auf die Welt geschaffen, die intellektuell und erstaunlich objektiv sein kann. Das Werk ist 45×33 cm groß und stammt aus dem Jahr 2013. Alleine der Artischockenmann in Uniform, ganz grandios – aber schauen sie selbst und erzählen mir, was Sie sehen….
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