Die FAZ befragte die Schauspielerin Jella Haase, ob Sie die Überforderung der Generation Y angeblich unendlicher Möglichkeiten und hoher Ansprüche an sich selbst kennen würde. Sie antwortete: “Ich kenne das vor allem von Freunden, die bei diesem Übermaß an Möglichkeiten stagnieren und gar nichts tun. Man ist in der heutigen Gesellschaft einem Druck ausgeliefert, Spuren zu hinterlassen und was Besonderes zu machen. jeder ist irgendwie Künstler oder hat ein Start-Up-Unternehmen. Die Zeit, auf die suche zu gehen, wird einem genommen, alles wird so wahnsinnig schnelllebig. Leute, die nicht total Überflieger sind oder einen krassen Plan haben, bleiben auf der Strecke.”
Was treibt also die Millenials an, sich derart anstrengen zu müssen, damit sie entweder Künstler (oft eher Synonym für Bekannt und Populär) oder Unternehmer sein müßten, ansonsten aber sich selbst verwirkt hätten. Und sind dass die Millenials oder spiegeln sie nicht vielmehr die Entwicklung der Generation X? Die unterliegenden Kräfte für diese Entwicklung liegen in den Schwerpunkten jeder dieser Generationen, die ein soziodemographisches Konstrukt, an denen sich plakativ die Veränderungen in unserer Gesellschaft aufzeigen lassen. Ich selbst frage mich, 1976 geboren, warum einerseits die sozialen Medien einen derart starken Einfluss auch in meinem Leben gewonnen haben und ob das Unternehmerische ein persönliches oder ein Thema meiner Generation sind. Bin ich also ein Vertreter der Generation X oder der Millenials und was bedeutet dass für jeden von uns?
Vorab, sich zu dieser Generation der Millenials zu zählen ist schon alleine deswegen schwer, weil sich Ihr Wirken noch nicht abzeichnet. Die Millenials beginnen erst sich zu erfinden, während aktuell die Generation X, also meine Generation, erst dabei ist die Zügel von den Baby Boomern zu übernehmen. Auch wird schon von der Generation Z geschrieben – die Kinder der Millenials, die alle nach 2000 geboren worden sind und erst in einigen Jahren in das Berufsleben treten werden. Für sie gehören die sozialen Medien schon zum absolut selbstverständlichen Teil Ihres Alltags, sie kennen gar keine Welt ohne iPhone mehr. Genau zu definieren, ob man der Generation X oder Y angehört ist fast schon müßig und schwankt auch trotz des eigentlich feststehenden Geburtstages, denn die Kohorte ist ebenso wenig genau definiert wie alleine aussagekräftig für dass, was ein jeder Mensch dann wieder ist. Man kann ein strebsamer Karrierist sein, der sexuell vollkommen steif ist, was für die “Silent Generation” kennzeichnend wäre, sich aber mit dem Geburtsjahr 1990+x zu den Millenials zuzählen zu können und natürlich trotzdem ein Instagram Profil intensiv zu pflegen. Genauso bedeutsam ist es aber zu sagen, dass diese Generationen maßgeblich in Amerika erfunden wurden und sich in gewisser Verzögerung in Westeuropa nachzeichnen lassen, nicht jedoch in ähnlicher Ausprägung bspw. bei den Chinesen gleichen Alters zu finden sind. Kern in dieser soziologischen Betrachtung ist die Gesellschaft als solche, die auf Ihre Umwelt und deren Voraussetzung kulturell, psychologisch, demographisch oder intellektuell anders reagiert. Die Baby Boomer sind nicht mehr durch den Krieg gezeichnet wie die “Silent Generation”. Diese kümmerte sich in den 40er bis 60er Jahren noch still um Ihr Fortkommen, einen neuen Wohlstand; Sie erleben die Industrialisierung in Ihrer Hochphase und bestaunen wachsenden Wohlstand, der von Ihrer biederen Innenwelt ablenkt. Die Baby Boomer erkennen dieses Defizit, Ihre Elterngeneration ist die erste, die sich scheidet in größerem Umfang. Frauen genießen größere Rechte, die Erziehung wird freier und großzügiger. Daraus entsteht nicht nur die sexuelle Befreiung, sondern auch die Identitätssuche und Innere Leere einer zunehmend atheistischen Gesellschaft, die neue Antworten auf existentielle Themen sucht. Sie brachte die großen Entrepreneur diesen Jahrhunderts wie Steve Jobs und Bill Gates hervor. Die zahlenmäßige Größe dieser Gesellschaft endete mit dem Pillenschock: Die Anti-Baby Pille war wohl der maßgeblichste Einschnitt in der Rolle der Frau, die sich nunmehr emanzipierte und sinkende Reproduktionsraten erzeugte. Rock ‘n Roll feierte die Sexualität (Gegenkultur, LSD & neue Spiritualität), aber die Pille trennte die Lust von der Reproduktion. Kein Wunder also, dass die Generation der Baby Boomer allein zahlenmäßig übermäßig stark vertreten ist (“Pig in the Python”) und die Gesellschaft dominiert. Sie herrscht, ohne selbst an eine autoritäre Rolle glauben zu wollen, steht doch die Befreiung als Überschrift für diese Generation. Ihre Kinder ließen Sie in Ihrer Experimentierfreude lieber alleine, die nächste Generation, die Generation X, befand sich so in einem Schockzustand: In einer Welt, die materiell immer reicher wurde, jedoch ökologisch wie emotionale Defizite aufzeigte, bezeichnete man sie als “Schlüsselkinder” (oder Generation MTV, die mit dem Musiksender visuell neue Welten erfuhr). Ihre Eltern verzichteten auf die Vorgabe enger Strukturen, aus deren Widerstand sich ihre eigene Generation erfunden hatte. Elternteile fehlten, Scheidungen brachten ungeklärte Aufsichtsverhältnisse mit, oft fehlten die Väter in der Erziehung und fanden immer wieder plausible Gründe dafür, nicht präsent sein zu müssen). Wo keine Strukturen zu zerstören waren, war keine Aufgabe und kein Sinn zu finden. Persönlich glaube ich, 1976 geboren, einen Vater, 1933 geboren, eine ganze Generation in unserer Familie ausgelassen zu haben, was die männliche Linie angeht. Meine Mutter wiederum, 1951 geboren, wäre die klassische Baby-Boomerin, gegen die sich aufzulehnen schon erheblich schwieriger war als noch gegen die “Silent Generation” meines Vaters. Die Befreiung und der Nihilismus zeigten vollkommen neue Probleme auf: Depression, die Verzweiflung, der Grunge als reformierter Rock ‘n Roll wurde die Musik der Stunde, vielleicht mehr noch als Ecstasy-Rausch und Techno. Letztlich prägt die Generation der Eltern immer die der Kinder, Ihr Einfluss manifestiert sich natürlich immer in den Kindern und produziert in Kontakt mit den anderen, noch lebenden Generationen, neue Ausprägungen und Veränderungen. Die Generation X war die erste Generation, deren Eltern beide arbeiteten, aber keine alternative Aufsichtsform wie Ganztagsschulen oder Kitas eingeführt hatte. In Deutschland gibt es den alternativen Namen “Generation Golf”, er fasst ähnliche Themen auf und illustriert sie in Konsumartikeln: “Wetten Dass”, “Aktenkoffer” und “Golf Cabrio”. Die Generation Golf hatte nicht den massiven Konflikt der 68er mit Ihren Eltern, in einem noch nicht denazifizierten Nachkriegsdeutschland, dass die Vergangenheitsbewältigung und der nun begreifbar gewordene Holocaust diese zur Wut der Kinder auf Ihre Eltern trieb. Die 68er hatten sich daran abgearbeitet, die Generation X in Deutschland hatte mit diesen Konflikten nur noch am Rande zu tun. Sie hatte nicht das Imponiergehabe der 68er, die prahlerisch über Ihre Taten redeten, während die Generation X still und heimlich einfach arbeitete.*
Die Kinder der Generation X finden noch emanzipiertere Eltern vor, die nicht weniger Stunden arbeiten, aber deren Kinder nun außerhalb der Familie betreut wurden. Was diese Form der Betreuung durch Dritte eigentlich bedeutet, ist noch gar nicht abzusehen in der Entwicklung der Kinder der Generation X, denn deren Kinder kommen gerade erst in die Pubertät, fallen aber mit einer starken Beschäftigung mit Smartphones und sozialen Medien auf, liefern sich wie jeder pubertäre Generation einen harten Kampf um Schönheit und Begehrlichkeit und wollen eben berühmt oder unheimlich reich werden. Die Generation der Baby Boomer hatte hehre Ziele, wollte die Welt verändern, dem Universum seinen Stempel aufdrücken. Die Generation X war davon ernüchtert, überfordert und realistischer zugleich, Ihre Eltern zu übertrumpfen beantworteten sie mit einer gewissen Strenge und Struktur, die die Baby-Boomer, vor allem die 68er darin, aufzulösen versuchten. Frustrierend ist für die Generation X, dass sie erleben muß wie die Baby Boomer, Ihnen zahlenmäßig überlegen, den Staat für Ihre Zwecke stärker instrumentalisieren: Wohlfahrtsprogramme und Gesundheitsversorgung wie Rentensystem wurde für diese Generation ausgebaut, obwohl schon klar war, dass die Generation X selbst ähnliches nicht würde bezahlen können. Der Bevölkerungskollaps zur Generation X ist ein ungewollt unsolidarischer Akt, deren Folgen für Altersarmut noch schwer überschätzt werden können. Die Generation X ahnt Ihre Zukunft, antwortet jedoch mit einem Stöhnen, denn eigentlich ist klar, dass die Folgen unabwendbar sind und nur durch ein Wunder zu lösen sind. Ein solches Wunder könnte in der Start-Up-Kultur liegen: Dem Gründen eines Unternehmens geht weniger die Idee voraus, die Welt zu verändern. Daran glaubten noch die Baby Boomer, die Generation X sah dass ernüchtert und suchte eine Abkürzung zum Glück in finanziellem Reichtum. Unternehmerische Tätigkeit schafft Werte und natürlich versteht heute ein jeder, dass als Arbeitnehmer Flexibilisierung, Anpassungsdruck und maximaler Wettbewerb letztlich nur zu einem üblichen finanziellen Wohlstand führen würde, aber die Rentenlücke derart absehbar groß werden würde, dass in Summe ein sozialer Abstieg unvermeidbare Folge sein würde, so man nicht beruflich deutlich erfolgreicher sein würde als die eigenen Eltern. Die Generation X wuchsen mit Spielberg-Filmen auf, Stars Wars und ET in Suburbia. Die Baby Boomer nannten die 80er verächtlich das “Kuscheljahrzehnt”, war es doch von materiellem Wohlstand und Frieden nach dem Terror der 70er gekennzeichnet, gleichsam aber massiv von der unterbewußt ständig präsenten Angst vor dem nuklearen Holocaust gezeichnet, deren tatsächlich erlebter Höhepunkt 1986 Tschernobyl sein würde. Die Realität war kein John Williams Thema aus ET, sondern immer lauter das John Goldsmith Thema aus “Alien”, dass dann in “Teen Spirit” von Nirvana mündete, in “One von U2 und HipHop Tunes.
In unbekannte Weiten katapultierte die Generation X das World Wide Web. Die Start-Ups in Silicon Valley wollten anknüpfen an die Revolution der Baby Boomer: Ein zweites Apple, ein zweites Microsoft. Und sie kamen, hießen zunächst AOL, Netscape und Amazon (oder Ebay). Dies stieß am Aktienmarkt eine ungeahnte Spekulationsblase an, das Gros der Startups verpuffte dann so plötzlich wie sie kamen in der entleerten Dot Com Blase (ca 2001). Dieses Ereignis war symbolisch vereint mit dem Zusammenbruch der Zwillingstürme (11. September 2001), bevor dann mit Google, Ebay, dem iPhone und der Finanzkrise (ausgelöst von Derivatenmissbrauch am Hypothekenmarkt) die vielleicht größte Hausse am Aktienmarkt anstiessen, die bis heute noch andauerte und auch Facebook hervorbrachte. Die wertvollsten Unternehmen der Welt entstanden in dieser Zeit: Amazon, Google, Apple und Facebook. Dieser Reichtum kann nicht unbeobachtet entstehen, er erzeugt Neid und stellt die Sinnfrage: “Kann ich selbst derart großes Vollbringen?”, “Bin ich Zuschauer in einem Leben, während andere die Hauptdarsteller sind?”, “Gehöre ich zu den neuen Reichen oder den neuen Armen, deren Jobs durch Technologie vernichtet werden könnten?” Für das Gros der Länder der westlichen Welt begann 2007 eine große Rezession, die hohe Jugendarbeitslosigkeit und Armut hervorbrachte. Man vergisst dies vielleicht in Deutschland, das diesen Veränderungen aus vielerlei Gründen entkam, aber sie sind das einschneidende Erlebnis für die rein quantitativen Vertreter der Generation X und der Millenials, die sich Ihrer eigenen Zukunft beraubt fühlen.
Die Generation X erlebte quasi seit Geburt Anfang der 70er, wie schnell die Technologie voranschritt: Spielten sie zunächst geradezu harmlose Spiele auf dem C64 und Spectre, kam dann für die meisten der PC, Laptops und das Mobiltelefon. Das Internet schwappte von den Universitäten auf die Allgemeinheit über. Zunächst konnte man sich kaum einen Reim darauf machen, was man damit tun sollte, bis sich dort ungeahnte Mengen von Informationen und Daten sammelten und publiziert wurden. Der E-Commerce änderte ganze Industrien, vom Einzelhandeln über Film, Musik bis zum Banking, noch ist dieser Wandel nicht abgeschlossen; Digitalisierung lautet die neue Überschrift und sie bedroht den Wohlstand der reiferen Industrienationen, denn die Karten der Macht scheinen neu gemischt zu werden. Wer früh am richtigen Platz war und diese neue Industrie mitprägte, war am richtigen Platz um Reich zu werden. Die Generation X wurde von einer gnadenlos kritisierten zu einer höchst erfolgreichen Generation, die nicht Langeweile hatte, sondern soviel arbeitete wie kaum eine Generation in den letzten Jahrzehnten vor ihnen: “In a 2007 article published in the Harvard Business Review, demographers Strauss & Howe wrote of Generation X; “They are already the greatest entrepreneurial generation in U.S. history; their high-tech savvy and marketplace resilience have helped America prosper in the era of globalization.”
Die sozialen Medien, insbesondere das Konglomerat von Mark Zuckerberg (Facebook, Instagram und WhatsApp) verändern die Wahrnehmung der Welt seitdem ebenso massiv: Ein Zirkus der weltweiten Eitelkeit ist entstanden, die ultimative Vergleichbarkeit nicht eines Kontostandes, sondern des damit verbundenen Lebensstils und seiner Inszenierung. Der Algorithmus der sozialen Medien vereint gleiche Meinungen, das Denken wiederum entwickelt sich nicht dort weiter, wo nur Meinungen ausgetauscht werden. Die Debatten sind kein Erkunden mehr, kein Zuhören und Argumentieren, sondern ein Kampf um die Vorherrschaft und den Siegeszug der eigenen Peergroup. Die gesellschaftliche Polarisierung, in Folge der Globalisierung offensichtlich auch materiell basiert, verstärkt sich. Die Schere zwischen Arm und Reich weitet sich gefühlt jeden Tag, denn der Reichtum der Reichsten wird immer größer und erreicht Größenordnungen, die seit dem Gilded Age nicht mehr vorstellbar waren. Die Millenials sind vielleicht die eifrigsten Nutzer dieser neuen Medien, aber die Generation X entkommt diesen genauso wenig. Da die Einkommen aus Erwerbsarbeit dem Vermögenszuwachs von Immobilien oder Aktien nicht mehr nahekommen, zählt also nur der Besitz eines Unternehmens, deren Wert sich stark erhöhen könnte. Da man kein großes Vermögen hat, bleibt eigentlich nur die Gründung als Startpunkt und die zügige Suche nach Risikokapital (Risiko sollen besser die anderen tragen, die Dillutierung des Risikos bei Gründungen ist eine Erfindung des späten 20ten Jahrhunderts). “Get Rich Quick” ist kein Ponzi-Schema, sondern eine weit verbreitete Sehnsucht.
Wer bereits reich ist, wird in den richtigen Vermögensklassen investiert ohne großen Aufwand an diesem wachsenden Geldberg beteiligt werden (was auch mit der Inflation von Assets wie Aktien, Immobilien in Großstädten oder Kunst) zu tun hat und der tatsächlichen Deflation von reinen Geldvermögen). Obwohl die Generation X so viele Gründer hervorbrachte und das Freiberuflertum quasi neu erfand (Freelancer), ist die Generation X nicht reicher als Ihre Elterngeneration. Die Einkommen aus Erwerbstätigkeit sanken mit Beginn der beschleunigten Globalisierung nach dem Fall der Berliner Mauer, die globale Vergleichbarkeit erzeugte ungekannten Druck auf Löhne und Produktivität. So trifft auf die Generation X, trotz Ihres Arbeitsethos und Ihres Fleißes zu, dass sie weniger verdienen als Ihre Eltern. Nur durch die steigende Erwerbsarbeit der Frauen stieg das Haushaltseinkommen, relativ jedoch sank das Arbeitseinkommen um min. 12% (siehe Vergleichsstudien wie Economic Mobility: Is the American Dream Alive and Well?). Zugang zur Klasse des neuen Reichtums, so die Logik, hat also vor allem der Unternehmer durch seine Gestaltvermögen und die Generation hatte vielen von Ihnen, die die neuen Helden dieser Generation wurden: “Small businesses and the entrepreneurial spirit that Gen Xers embody have become one of the most popular institutions in America. There’s been a recent shift in consumer behavior and Gen Xers will join the “idealist generation” in encouraging the celebration of individual effort and business risk-taking. As a result, Xers will spark a renaissance of entrepreneurship in economic life, even as overall confidence in economic institutions declines. Customers, and their needs and wants (including Millennials) will become the North Star for an entire new generation of entrepreneurs.” Teile dieses Vermögens wurden aber schnell aufgefressen, die Generation X wurde von der Finanzkrise 2007-2008 nicht verschont. Grund genug, erneut Vermögen zu erwirtschaften und neue Unternehmen zu gründen, die Generation X war vielleicht die flexibelste Generation seit Langem und musste sich sowohl neuen Technologien wie Unsicherheiten gegenüber stetig neu behaupten und anpassen. Das kostete viel Energie, durch gute Bildung war diese Generation aber auch gut darauf vorbereitet und hatte von den Karrieren Ihrer Eltern gelernt, die an einem bestimmten Punkt beruflich keinerlei Entwicklung mehr bemerken konnten und oft stehenblieben – nicht nur technologisch wohlgemerkt.
Neu erfunden hat sich dann aber die Generation der Millenials vor allem in den sozialen Medien. Die Berühmtheit auf Instagram, Millionen von Followern zu haben, verschafft genauso viel Sicherheit im Leben wie Geld. Statt eher still und leise wie die Generation X zu sein, wollen die Millenials lieber prahlen wie die Baby Boomer (deswegen auch oft “New Boomer”). Reichtum ist nicht alleine Selbsterfüllung oder Selbstvollendung, sondern zuerst mal die Sicherung der eigenen Lebensverhältnisse. Anziehende Jugend und Attraktivität, seit jeher die Domäne eben der Jugend, ist vor allem Ihr Thema auf den sozialen Medien. Influencer ist ein echter Job geworden, also die reine Beurteilung von Dingen vor der Peer Group, ein sogar erstaunlich finanziell attraktives Feld (wenn man es denn versteht). Erstaunlich für die Generation X wie die Baby Boomer ist, dass es nunmehr Berühmtheiten gibt, deren eigene Lebensleistung vor allem in der eigenen Selbsterfindung besteht, nicht aus einem tatsächlichen Werk. Ivanka Trump bspw. ist typisch hierfür, sie ist Tochter eines Baby Boomers, aber kein Vertreter der Generation X. Sie inszeniert Ihr Leben rund um Schönheit, Mode und Reichtum, bezeichnet sich aber selbst als “Entrepreneur”, wobei Ihre eigene Modelinie letztlich gar nicht Ihr Werk ist, sondern eine Lizenz an das produzierende Unternehmen, bei der sie allerhöchstens Ihren Geschmack als Asset einsetzt, nicht jedoch kreative Arbeit. Nicht dass dies faul ist, die dauernde Inszenierung und Selbstoptimierung ist durchaus stressig und erlaubt keine große Atempause, auch stellt das eigene Leben nicht die Frage danach, ob man es erlebt und bewußt wahrnimmt, sondern ob es für die Inszenierung dienlich ist oder nicht. Der sprichwörtliche Moment in dem etwas außergewöhnliches passiert (sei es die Geburt des eigenen Kindes), ist kaum bewußt erlebt, da ist er auch schon mit dem Smartphone in den sozialen Medien als Leistungsmerkmal verewigt. Der Demograph Neil Howe bemerkte übrigens, dass die Generation X nicht typisch für Helikopter Eltern sind, wenn wir schon über Themen wie Geburt und den Einfluss der Eltern auf Ihre Kinder nachdenken. Typische Helikopter-Eltern sind Vertreter der Baby-Boomer, die extrem spät zu Eltern geworden sind und Millenials, also die Generation ab 1982 ff auf die Welt brachte: “Howe described Gen Xers instead as “stealth fighter parents”, due to the tendency of Gen X parents to let minor issues go and to not hover over their children in the educational setting, but to intervene forcefully and swiftly in the event of more serious issues”.
Als Steve Jobs 2011 starb, verloren die Generation X Ihren Vater gleichsam symbolisch mit (Steve Jobs ist der typische Baby Boomer-Vertreter), der Ihnen den Weg in die Technologie ebnete. Steve Jobs ist aber auch einer der Vertreter der Babyboomer, der nicht nur Generation X Kinder zeugte, sondern auch die Millenials. Ist es schwer zu erkennen, wohin sich diese Generation, also vor allem als die Kinder der jüngsten BabyBoomer wie auch vor allem der Generation X nach 9/11 entwickelt. Man muß sie davor in Schutz nehmen, nun nicht zu früh angeklagt zu werden als smartphonesüchtige Zombies, die vollkommen paralysierte und willenlose Konsumenten darstellen. Auch die Generation X entwickelte sich weg von Ihrem Startpunkt, nicht nur der Grunge verschwand mit Kurt Cobains Tod, sondern auch Ihre Lebensthemen, die nie besonders leicht, sondern eher schwer und tiefgehend waren, denn die Verdorbenheit der Welt war für sie klar erkennbar geworden.
Traurig aber ist für die Generation X, dass die Helden nunmal nicht die Vertreter der Mehrheit sein können. Sprich der erfolgreiche Unternehmer, an den sie glauben wir keine Generation vor Ihnen, ist keine Zwangsläufigkeit. Nicht nur der Wettbewerb setzt dem Grenzen, sondern auch schlicht Mut wie Verstand. Innovationen und erfolgreiche Ideen werden nicht einfach so geboren, nicht jeder hat sie noch hat er mit einer Idee auch die Garantie, dass er sie praktisch wird umsetzen können. Die Fähigkeiten zum Unternehmertum können durchaus praktisch erlernt werden, aber dass ist auch noch keine Garantie, denn Risiko bedeutet ja eben auch dass einige eben den Ausfall realisieren und nicht den Gewinn. Es ist Selbsterkenntnis und auch Selbstüberschätzung gewesen zu glauben, ein jeder könne Mark Zuckerberg sein. Nicht nur dass Mark hervorragend ausgebildet wurde und im richtigen Kontext groß wurde, so dass seine Idee auch auf fruchtbaren Boden fielen, er ist auch schlichtweg einiges intelligenter als der Durchschnitt und um einiges fähiger, sich auch durchzusetzen und beständig zu lernen. Weder Mark Zuckerbergs noch Steve Jobs sind in einer Generation automatisch stärker vertreten, nur weil diese Generation sich stärker darum bemüht. Aber es ist ein Unterschied zu einer Generation zu gehören, die bewahrt oder die riskiert, auch wenn sie dabei mehr verliert als gewinnt. Somit ist für die Generation X das schöpferische und das Kreative bedeutsamer als die reine Pflicht und Disziplin, die einem Angestellten früher eine Karriere garantieren sollte. Die Generation Google könnte man sie auch nennen, denn sie partizipierten an den technologischen Veränderungen des World Wide Web maßgeblich und zielten danach vor allem auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Aber eben nur zum Teil, wie schon ausgeführt ist für die breite Masse der Generation X dieser Vermögenszuwachs unerreichbar und entsprechend steht sie insgesamt finanziell schlechter dar als die Generation der Baby Boomer. Die Millenials spüren auch diesen Druck, reagieren aber anders. Auch auffällig ist, dass Narzissmus bei Ihnen tatsächlich deutlich stärker ausgeprägt ist als in der Generation vor Ihnen. Dennoch sind sie nicht vollkommen egoistisch, sie wollen in der Tat sogar aus der Welt einen besseren Ort machen, merken jedoch langsam, wie schwierig sich dieses Unterfangen in einer globalen Welt mit unterschiedlichen Kulturen tatsächlich gestaltet.
Im anfänglichen Interview schließt Haase mit der fatalistischen und grausamen Feststellung, dass einige auf der Strecke bleiben werden, die nicht diese Größe, diese außerordentliche Fähigkeit besitzen aufzufallen. Ein tiefer Graben geht durch diese Gruppe – es gibt die, die mehr Follower haben als selber anderen folgen und es gibt die, nur fast nur folgen und kaum Follower. Es ist aber auch eine kollektive Erfahrung, dass in Summe einige mehr Aufmerksamkeit erhalten als andere und die Welt noch ungerechter ist, als die kindliche Utopie der Generation Y / Millenials einmal dachte. Es ist nicht auzuschließen, dass es deswegen auch eine ungekannte Dimension des Gegenteils von Zuwendung und des Narzissmus gibt: Den Hass auf die, die einen nicht lieben. Der zündende Funken dazu scheint schon in Umlauf zu sein und ob die Generation Z diesen verstärkt oder zündet, wird die Zeit zeigen. Erschreckend und mit Sicherheit nicht ohne Konsequenzen ist die wirtschaftliche Malaise der Generation Y: Keine Generation war je besser ausgebildet, hat öfter Universitäten besucht als sie und dennoch gibt es unheimlich viele, die für nur 1000€ monatlich arbeiten gehen müssen. Sollte sich dieser Trend weiter fortsetzen, erleben wir eine weitere Umverteilung der Vermögen und trotz Ausnahmen (Deutschland blieb davon bislang verschont) sinken seit der Generation der Baby Boomer, die immer noch im Erwerbsleben stehen, die Einkommen kontinuierlich. Die Globalisierung hat nicht nur unmittelbar ökonomische Folgen, sondern die politischen Konsequenzen sind offensichtlich (Anstieg von Populismus und Nationalismus als Gegenreaktionen). Die Gesellschaft hat größere Probleme, als dem einzelnen Individuum zu Reichtum zu verhelfen, die Gesellschaften und Generationen als Ganze drohen Schaden zu nehmen.
*”In Germany generations widely follow the western world pattern but have many aspects of different “Vergangenheitsbewältigung”. In German history the start and abolishment of “Gleichschaltung” in mass movements (Hitlerjugend and later communist Free German Youth) also shaped generations. The baby boomer generation was heavily challenging their parents and relatives with their past in Nazi Germany and in World War II as well as their (individual) responsibility for the Holocaust but also the survival of the Third Reich in (West) German administration, science, legislation and culture due to claimed unsuccessful denazification. It formed German student movement which translated West Germany in some aspects. Later Generation Golf (named after VW Golf) is very similar to Generation X describing the generation that was raised in late West Germany with the specific background of the german separation, then deadlocked German question and cold-war threats. The east-german generation which was born in the mid-eighties and later was little influenced and indoctrinated by East German Communist education system and not captured by Free German Youth. Children in the New states of Germany who were not older than seven years during german reunification are often in a stronger cultural contrast to their parents and relatives while those who were slightly older saw a massive change in their school system, syllabi and breakdown of the youth welfare but also unexpected opportunities and chances in modern Germany.”