Das dritte Rom: Kiew

Als jüngst Viktor Orban zu einer Vermittlungsreise für Frieden in der Ukraine aufbrach, sprach er vom ungarischen Verständnis russischer Kultur und Geschichte, das Europäer und vor allem die institutionshörigen EU-Politiker nicht verstehen würden. Bekanntlich wurde er arg dafür gescholten, sich als gewälter Staatspräsident erdreistet zu haben, selbständig zu denken und zu handeln. Ja, mit diesem Typus haben wir es mehrheitlich in der EU zu tun. Grund genug, sein eigenes Verständnis der Geschichte Russlands und der Ukraine zu überprüfen und zu fragen, ob dies zu neuen Einsichten führt. Ist Frieden denkbar und wenn ja, wie?

Die Betonlogik im ÖRR und im politischen System lautet aktuell, die transatlantische Logik der Kriegsunterstützung der Ukraine weiter fortzuführen. Das Ziel ist nicht die Besiegung des russischen Aggressors, sondern sich so einerseits aus dem Krieg fernzuhalten und doch einen moralischen Triumph zu ermöglichen. Moralisch sei, in der Logik von Bärbock, Scholz & Co, dass das “Ukrainische Opfer” niemals verlieren dürfe und so die Herrschermoral Putins nicht obsiegt. Man spricht dann von imperialen Gelüsten Putins, der ein Reich wiederherstellen wolle. Das ist eigentlich der interessanteste Punkt, welche Ebenen von Reich sind hier gemeint?

Für einen EU-Politiker, dem Kulturräume eine bunte Vielfalt sind, bedeutet ein Beitrittsland wie der Kosovo oder Südossetien quasi nur mehr Mitglieder, mehr Einnahmen für den Apparat. Die Ländern selbst bleiben als Kulturräume ja erhalten, die Mitgliedschaft in der EU ist die Fiktion, dass man “EINS” ist. Das ist allerdings ein rein politisches, administratives Bündnis, welches bekanntlich nicht nur voller demokratischer Defizite ist (fehlendes Initiativrecht des Parlaments), sondern so unverbindlich wie die Gemeinschaft der Rundfunkanstalten in der ARD – nicht ohne Grund kann man einem Viktor Orban keinerlei Konsequenzen aufzeigen, so weit geht die Macht der Technokraten in Brüssel nicht. Nur ist die Ukraine eben nicht für Moskau sowas wie ein “Beitrittsland” im Denken der EU. Moskaus Geschichte ist nicht nur voller Tragödien, Revolutionen, Kriegen und dem Holodomor, es ist nicht nur alleine das deutsche Verbrechen um Babi Jar, dass im Gedächtnis bleibt.

Kaum jemand scheint in Europa, geschichtsvergessen wie wir sind, noch zu wissen, was das Dritte Rom war. Nach dem die Christenheit von Rom aus Konstantinopel (Istanbul) regiert wurde, war die nächste Enklave zum Schutz der Christenheit durch orthodoxe Priester (die die Schrift eben ganz genau lesen) eben Kiew. Und dort, in der Nähe des Dnepr, schlugen Sie Ihr Lager auf. Dort ist der Ausgangskern der Russen selbst zu finden. Rus ist ein Wort für ein Ruder an einem Wikingerschiff, welches wohl auf die ersten Siedler der Region zurückführt, über die wir Zeugnisse haben. Es ist also gleichsam die Abstammung von diesen nordeuropäischen Stämmen und die Heirat mit der russischen Orthodoxie. Kurz, hier beginnt die eigentliche Geschichte – nämlich nicht eine imperiale Staatstradition, sondern das Herz der russischen Kultur, welches eben auch zwischen Kiew und Moskau liegt.


Kiew: Das Höhenkloster am Dnepr

Was Putin immer beklagte, war nicht der Untergang der Sowjetunion als rein kommunistische Idee des Marxismus-Leninismus, sondern der Untergang des russischen Großreiches. Als ein Funktionär seines Volkes muß Putin auch inneren Zwängen genügen. Nachdem das Reich offensichtlich kleiner wurde, Osteuropäische Staaten sich gen Westen ausrichten und der Westen ohne jedes Feingefühl diese Märkte erschloss, blieb nur noch Weissrussland und die Ukraine als Puffer. Weissrussland, gesichert vor westlichem Einfluss durch eine Diktatur, die Ukraine dagegen plötzlich ein Experimentierfeld für Kapitalismus und westliche Romantiker. Russland hat reagiert auf den Niedergang der Sowjetunion, indem es eine etwas verklärte, ebenfalls romantisierte Version eines russischen Nationalismus stellte. Putin hatte nichts außer dem Staat selbst, worauf er zurückgreifen konnte. Verkleidet mit militärischem Pomp und Nuklearraketen, bemühte sich Putin erfolgreich darum, Russland wirtschaftlich durch Ausbeutung der Ressourcen aufzubauen. Bekanntlich nicht ohne Schattenseiten eines ungezügelten, schlecht geordneten Kapitalismus wie Oligarchen zu verhindern, vielleicht ist er gar selbst der reichste Bürger seines Landes geworden. Rightly so, würden Freunde sagen, er hat sich um Russland verdient gemacht, damit es nicht im Chaos versinkt.

Aus dieser Warte müssen alle Bemühungen in der Ukraine, auch das was man den Aufbruch zur Freiheit am Maidan nennen mag, ein großer Kulturkonflikt sein. An den Trennlinien von westlichen Ideen, russischer Lebensart und Sprache, der Religion und der Geschichte war keine Trennlinie mit weichem Verlauf zu finden. Seit 2014 ist der Konflikt offen und weil kein Staat der Welt ordnend auf Russland außer die USA oder China einwirken könnte,

Wer nun an Taiwan denkt, dass kulturell natürlich nicht westlich, sondern chinesisch ist mit einem westlichen Lifestyle, versteht auch dort, wo der eigentliche Konflikt liegt: Nicht in Geschichte oder Tradition allein, sondern in dem, was auf Kultur einwirkt. Hier hat der tumbe Drang der Europäer zur Ausdehnung, der NATO als auch der Kapitalismus natürlich einen Anteil, die Reaktion Putins auf den Maidan darf nie so verstanden werden, als sei es eine Art amerikanischer Unabhängigkeitskrieg auf ukrainischem Territorium. Aber genau das ist eben falsch und das hindert den Westen seine moralisch überhebliche Attitüde zu verlassen und tatsächlich positiv ordnend auf den Konflikt einzuwirken statt nur Waffen zu liefern und den Konflikt ins unendliche somit verlängern zu können.

Hierzu auch nochmal das Interview mit Bazon Brock in 3Sat, dass die Dimension des Konfliktes erklärt und dann eben auch den Bogen zieht auf uns selbst – mit unserer Doppelmoral wird dieser Konflikt niemals enden. Nun ist die Frage, wann der Konflikt gestoppt wird, viel einfacher als man im Westen zugeben wird. Der Konflikt wird nicht so sehr durch Ukraine und Russland bestimmt als vom westlichen Bild davon, wie der Krieg ausgehen darf. Wenn der moralische Sieg die Niederlage Russland bedeutet, dann geht man “All-In” – das heißt ukrainische Soldaten auf ewig und das Duo Biden-Selenskyj (letzterer quasi als sein General) oder Harris-Selenskyj wird das solange verfolgen, bis die Ressourcen des Westens oder Russlands aufgebraucht sind. Die Alternative wäre, dass der Westen selbst genauso erkennt, wie hoch der Preis des Kriegs ist und er eben dort, es ist quasi offensichtlich, eine Trennlinie zieht, die der Krieg gebracht hat: Der Südosten der Ukraine und die Krim wird russisch bleiben, der Krieg dort “eingefroren” oder aber der Frieden dort verhandelt. Ein moralischer Sieg, den sich Megafone mit logopädischen Problemen wie Bärbock wünschten, will im Westen niemand mit eigenen Opfern bezahlen, deswegen ist es höchst amoralisch von den Ukrainern weitere Opfer zu fordern. Die Welt, dass weiß eigentlich jeder Bürger und auch ganz besonders Donald Trump, profitiert am meisten, wenn dieser Krieg endet. Dass er eskaliert ist, lag ganz wesentlich daran, dass ein seniler Trottel im Weißen Haus die westliche Welt dank Kraft des Amtes weiter dominierte und intellektuell kein europäischer Lenker, quasi mit Ausnahme weniger Politiker, zu selbständigen Denken und Handeln in der Lage ist.

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