Wenn die Scheinwerfer auf Donald Trump leuchten, erkennen einige scheinbar nicht, was er im Kern ist. Sie sehen dort einen Demagogen, einen Populisten oder einen Self-Made-Man. Das mag ein Teil der Wahrheit sein, aber im Kern seiner Existenz ist er ein US-amerikanischer Familienunternehmer in dritter Generation, der in Immobilien und im Showgewerbe wohl Milliardär wurde. Sein Startvermögen von ca. 300 Mio USD mag beträchtlich gewesen sein, er vervielfachte es und die Präsidentschaft ist eigentlich ein Anachronismus, erklärt aber viel über seine Persönlichkeit. Er ist Patriarch. Extrem leistungsorientiert und ein Kapitalist. Ein Marketingmann sondergleichen, alle wissen, was Trump tut oder sagt. Ob er ein Lügner ist oder ein Populist, das ist eine Frage des Stils und vielleicht des Charakters. Ein Patriarch neigt von Haus aus dazu, sich im Fall des Falles autoritär zu verhalten. Wer könnte das selbst besser wissen als ein Familienunternehmer, der solch einen Vater selbst hatte? Deswegen erzähle ich mal, wie ich den Typus des unbequemen Unternehmers mal verorte. Die seltene Spezies des Unternehmers.
Abseits von Trump ist mir mittlerweile ein Licht in der Hinsicht aufgegangen, wie bedauerlich es doch ist, dass unsere Gesellschaft gar nicht mehr genau weiß, was der Typus des Unternehmers eigentlich für ein Mensch ist. Es gibt natürlich nicht nur den einen Unternehmer. Nicht jeder ist ein Showman wie Trump, manche wohnen wie Calvinisten im Reihenhaus, führen trotz Millionenvermögens eines Lebensstil wie Ihr einfachster Mitarbeiter. Dennoch gibt es Persönlichkeitsmerkmale, die immer wieder zutreffen und die Trump vielleicht am stärksten nach außen trägt. Sein großes Ego gibt sozusagen einen ungefilterten Einblick. Das liegt in Deutschland auch schlicht an der erstaunlichen Realität, dass es immer weniger Unternehmer gibt. In der Google Bildersuche unter Unternehmer finden Sie aus meiner Sicht eher “Models”, die einen üblichen Abteilungsleiter mimen, aber selten die Persönlichkeit gestandener Unternehmer zeigen. In unseren Medien ist bis auf den guten Wolfgang Grupp fast nur noch der angestellte Manager das Bild von “Unternehmern” dominieren, obwohl sie gar keine sind. Sie sind Angestellte, für die ein Aktienpaket bestenfalls ein Bonus-System ist. Sie haben das Unternehmen aber nicht gegründet, was die Kernleistung des Unternehmers ist. Das Unternemen zu gründen und bestenfalls sehr groß zu machen ist das, was die Gesellschaft immer wieder braucht, damit die Wirtschaft lebt. Ein Unternehmer ist nicht zwingend jemand, mit dem gut Kirschen essen ist. Das liegt auch daran, dass seine Motivation sich vom Rest der Gesellschaft stark unterscheidet. Angela Merkels Politik oder auch die von Scholz hat sich nie an diesen Typus gerichtet, seit Jahren werden auch kleine Selbständige und Freiberufler in die abhängige Beschäftigung gedrängt (Stichwort Scheinselbständigkeit). Der Unternehmer, der Querdenker und problematische Freigeist, er ist ein Unhold, der sich nicht mit den Institutionen einfangen lässt. Klar, dass man sich im Kern also suspekt ist. Ein Spitzenmanager und ein Spitzenpolitiker verstehen sich gut, weil sie ähnlichen technokratischen Zwängen ausgesetzt sind. Aber Manager haben nie etwas erfolgreich gegründet – es ist peinlich, weil sie dass immer so sehr vorgeben, aber sie haben i.d.R. nur bestehendes optimiert oder eben “gemanaged”, was englisch für administrieren und nicht gründen bedeutet. Nur was macht Unternehmer aus und warum braucht man sie überhaupt?
Die ökonomische Funktion des Unternehmers für die Gesellschaft
Die Welt besteht aus dauerhafter Veränderung. Trägheit ist kein natürlicher Zustand, sondern ein Zustand der in die Krise führt. Genauso wie technologischer oder wissenschaftlicher Fortschritt immer vorhanden ist und darauf reagiert werden kann. In der Forschung, egal ob staatlich oder privat betrieben, liegt die Begründung einer Innovation. Sie ist aber erst dann vollständig, wenn Sie in den Markt als kapitalistisches Ordnungssystem eingeführt ist. Ansonsten ist sie nicht überlebensfähig, sie ist nicht nachhaltig. Es ist vorrangig die Aufgabe des Unternehmers, wie eine Art Kanarienvogel im Bergwerk, als erstes einen Markt zu finden. Was im Bergwerk der Sauerstoff zum Überleben ist, wäre sozusagen übersetzt auf das bäuerliche Wesen der Hirte, der die richtigen Wiesen für seine Herde findet. Im Kapitalismus industrieller Prägung geht es darum, eine Innovation (meist technischer Natur) in einen Markt einzuführen. Das ist mit Risiken verbunden, weil der Markt schwer zu lesen ist. Niemand kennt die Bedürfnisse der Zukunft und nur Sozialisten im 5-Jahres-Plan glauben zu wissen, was die Zukunft bringt – das funktioniert bekanntlich nie, der Beweis ist jetzt x-mal erbracht worden. Stattdessen hat der Kapitalismus sich ein cleveres System überlegt: Unternehmer, gehe hin mit Deinem Kapital, Deinem Risiko und Deiner Verantwortung für die Gesellschaft und gründe ein Unternehmen. Wir befreien dich unter bestimmten Umständen zumindest von der Haftung, dass Du für die Gesellschaft Schaden verursachst, nicht aber nehmen wir Dir das Risiko des Verlustes und der Insolvenz (selbst wenn unser Wirtschaftsminister das bis heute nicht versteht). Nun ist der Unternehmer in einer Schnittstelle von Forschung, Administration, Staat und Ressourcen (mit der wichtigsten Ressource Mensch) zugange und führt die Unternehmung. Ob es ein Steve Jobs ist, ein Elon Musk oder ein kleiner Markus Bußmann ist völlig gleich. Im entsteht so die Chance, sein Vermögen zu mehren und die Innovation im Markt zu verankern, weil er “den richtigen Riecher” für zukünftige Bedürfnisse hatte. Es gibt dabei keine Garantien, Scheitern ist sogar eher die Regel als die erfolgreiche Innovation im Markt. Dennoch hat sich für alle gezeigt, dass dieses System für die Gesellschaft funktioniert. Die Konsumenten bekommen eine Innovation, der gesellschaftliche Wohlstand steigt, die Wirtschaft ist innovativer, produktiver und am Ende, wenn alles gut läuft, ist der Unternehmer “ein gemachter Mann bzw. Frau”. Das ist die ökonomische Funktion, die nur in freien Märkten ohne staatliche Tiefeneingriffe funktionieren kann. Sobald der Staat in die Innovationsprozesse stark eingreift, reden wir nicht mehr vom Kapitalismus, sondern vom Sozialismus oder Kommunismus. Man sollte an dieser Stelle immer festhalten, dass auch in Deutschland das Kernprinzip der Kapitalismus ist. Die soziale Marktwirtschaft ist ein Regulativ, weil wirtschaftliche Stärke im Menschen unterschiedlich verteilt ist und das hat schon Smith verstanden. Klar ist aber auch, wer als Unternehmer große Risiken eingeht, braucht die Chance großer Entlohnung – sonst macht das Unternehmertum als Selbstzweck mit all der Qual und der Pain, die damit verbunden ist, keinen Sinn.
Foto: Andrew Carnegie war der nach Vermögenswerten reichste Unternehmer aller Zeiten. Die Schätzung seines Vermögens nach heutigen Geldwerten war etwa 400 Milliarden USD, fast das Doppelte der heute reichsten Unternehmer. Carnegie war nicht nur fleißig oder strebsam, er war extrem innovativ und baute große Teil des Fährschiff- und dann des Eisenbahnnetzes der damaligen USA. Grand Central Station in New York City ist bis heute das größte Symbol für seinen Erfolg. Aber sein Vermögen war nicht von großer Dauer. 100 Jahre später hatte nicht ein einziger Erbe de vielen Carnegie-Erben ein Vermögen noch mehr als 1 Million Dollar. Der Rest war aufgefressen durch Fehlspekulation, Charity, aufwendigen Lebensstil und nicht zuletzt Besitzsteuern. Weil die Stammsitze der Carnegies so teuer im Unterhalt waren (Breakers Newport) wurden sie gestiftet und stehen heute als Museum der Öffentlichkeit zur Verfügung. Das teuerste Wohnhaus der Welt war wohl das Schloss am Central Park, dass schlicht abgerissen wurde und auf dem heute ein Hotel steht.
Der Kern des Wesens – der Typus Unternehmer
Unternehmer sind selten hoch angesehen. Da ist ein Steve Jobs sicher eine Ausnahme gewesen, wobei man auch da gerne die charakterlichen Mängel in den Vordergrund geschoben hat. Was begründet also das Wesen eines Unternehmers, der früher “Kaufmann” genannt wurde? Er will etwas unternehmen, doch nur warum? Weil er gierig ist und den Profit will? Ich halte das für eine ziemlich dumme, naive Sicht der Dinge, die eher marxistischem Denken entspricht. Wer nur Geld will, der geht ins Casino, der spekuliert vielleicht, aber der ist nicht bereit zu der langjährigen Aufgabe von Freiräumen, der immensen Arbeitsleistung und Sinnstiftung, die das unternehmerische Dasein bringt. Dabei ist von Marx eine Gewissheit dennoch geblieben: Das Sein bestimmt das Bewußtsein. Ergo ist zu ergründen, was im Kern des unternehmerischen Bewußtseins ist, was ist also der Kernzustand von Unternehmern? Ich bin der festen Überzeugung, dass es “UNZUFRIEDENHEIT” ist. Es ist die Unzufriedenheit mit dem Stand der Dinge. Diese will der Unternehmer ändern, weil es ihm eine besondere Qual ist zu sehen, wie schlecht die Gegenwart funktioniert. Dieses Momentum der Veränderung bedeutet eine Konsequenz, anzupacken und zu schaffen, zu kreieren. Da gibt es durchaus parallelen zu künstlerischem Schaffen, nur das daß Ergebnis ein völlig anderes Denksystem bedient. Ein Unternehmer braucht in besonderem Maße Freiheit – nur warum ist das so? Ist es eine Frage des Egos? Nein, wer Dinge verändern will braucht natürlich Bewegungsspielräume, andernfalls ist das kreative Schaffen entlang des Ordnungsrechts unmöglich. Es gibt technische Hürden, Hürden falschen Managements, falscher Ressourcen oder schlechter Strategie, an tausenden Stellen ist es möglich als Unternehmer zu scheitern. Ein gewisses “Gottvertrauen” in die Fähigkeiten der eigenen Person wie auch des Kernteams eines Unternehmens ist deswegen unerlässlich.
Geliebt werden Unternehmer aber nie. Weil sie unbequem sind, weil sie laufend Dinge in Frage stellen. Unternehmern sind Quälgeister – lesen Sie mal die Biographie von Elon Musk und überlegen sie sich, ob sie für so jemanden mit teils paranoiden Zügen wirklich arbeiten wollten. Jemand der alles nach wirtschaftlichen Gesetzen von Effizienz und Ordnung laufend in Frage stellt und keine Gewissheiten kennt – nur dass ist ein wirklich dynamischer, erfolgreicher Unternehmer. Ein Unternehmer ist als Vereinsmeier ein Problem: Sich an Regeln zu halten nötigt ihm größte Willenskraft ab, er verzweifelt tagtäglich an der Bürokratie, deren Sinn- und Regelmäßigkeit für die dynamische Welt aus seiner Sicht unerträglich ist. Weil er tatsächlich die Nase im Wind hat, erahnt er teils die Verschiebungen in der Gesellschaft früher als andere – er bewegt sich ja schließlich dort, wo es weh tut, wo Veränderung zwangsläufig ist. Er braucht die Fähigkeit mit vielen Menschen zu kommunizieren unterschiedlicher Disziplin. Er muß integrieren können, ob per Vision oder per Kontraktion, das ist eine Frage von Talenten. Wer eher abstrakt denkt und glaubt, er sei selbst frei, wird sich wie eine IT-Fachkraft unter eine starke Vision binden, aber nicht an einen Arbeitsplatz mit Büro binden wollen. Wer weniger gesucht ist, dem wird der Unternehmer eher Regeln aufzwingen können, es sei denn, er kann sich in einem Betriebsrat oder einer Gewerkschaft Unterstützung holen. Stark organisierte Arbeitnehmerrechte sind vielleicht ein klarer sozialer Vorschritt, sind aber gleichsam ein Zeichen für überreife, veraltete Branchen ohne Innovationskraft. Diese gibt es in Deutschland zu Hauf, entsprechend bedroht ist vor allem die deutsche Großindustrie unter die Räder stärkerer, innovativerer Unternehmen am oberen Ende der Wertschöpfung zu geraten.
Unser Land ist statisch, weil es die Ruhe schätzt – bitte nicht zuviel Veränderung! Das ist kein unternehmerisches Denken, derartige “kreative Zerstörung” oder aber “charismatische Führer” findet man deswegen oft in Amerika. Wir möchten in europäischen eine domestizierte Version davon, haben Sie aber nur im kleineren Maßstab im Mittelstand, dessen Familienunternehmertum in der Politik aber immer weniger Gehör findet. Wer statisch ist, nach Sicherheit strebt und Harmonie, der ist sicher ein guter Manager oder Angestellter – aber er kann per se kein Innovator sein, kein wirklich Unternehmer. Das ist für mich auch eine Frage der Persönlichkeit, das ist eine Frage der Gene. Kurz: Das Unternehmergen kann nicht geklont werden, es ist real. Ob es sich vermehrt, ob es in der Gesellschaft einen Platz hat, muß die Gesellschaft beantworten. Denn ohne Unternehmer ist Planwirtschaft. Wie dass aussieht, weiß ja jeder. Ob eine Gesellschaft also Unternehmer braucht oder will entscheidet sich nur an einer Frage: Wie innovativ ist die Wirtschaft und wie jung und dynamisch sind die Unternehmen? Sie sind zu reif, zu sehr in “alten Industrien” unterwegs, dann brauchen wir wieder Unternehmer. Dumm ist, dass man die nicht klonen kann – der Unternehmertyp ist eine recht begrenzte Spezies, die man ein wenig pflegen sollte. Man muss sie ja nicht lieben! Nein, in gewisser Weise muß man sie aus reiner Notwendigkeit unter Schutz stellen – sie sind mittlerweile so selten, sie gehören unter Artenschutz!
Also, people, choose your fighter!